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Endspurt im Wahlkampf

Markian Ostaptschuk, Amalia Ogandschanjan17. September 2012

Hauptrivalen bei der Wahl zum georgischen Parlament sind die Regierungspartei und ein neues Oppositionsbündnis. Eine Verfassungsreform macht die Abstimmung Anfang Oktober besonders spannend.

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Auto mit dem Werbeaufkleber für die Regierungspartei "Vereinte Nationale Bewegung" (Foto: DW)
Wahlplakat der georgischen RegierungsparteiBild: DW/A. Oganjanyan

Insgesamt 14 Parteien und zwei Parteienblöcke treten bei der Parlamentswahl in Georgien am 1. Oktober an. Die Wahl ist von besonderer Bedeutung für das Land, weil das Parlament in einem Jahr mehr Befugnisse erhält. Die entsprechenden Änderungen der Verfassung werden nach der nächsten Präsidentenwahl im Oktober 2013 in Kraft treten.

Georgien, bislang eine Republik mit einem starken Präsidialsystem, bekommt dann ein parlamentarisches Regierungssystem. Gestärkt werden das Amt des Premiers und die Rolle des Parlaments. Der Regierungschef wird künftig nicht mehr vom Präsidenten vorgeschlagen, sondern von der stärksten Partei im Parlament gestellt. Ferner verliert der Präsident sein Weisungsrecht in der Innen- und Außenpolitik. Beobachter vermuten, dass der jetzige Präsident Michail Saakaschwili 2013 Regierungschef werden will. Nach zwei Amtszeiten darf er im kommenden Jahr nicht mehr für das höchste Staatsamt kandidieren. Saakaschwili habe deshalb den Verfassungsänderungen zugestimmt.

Michail Saakaschwili hält eine Rede im georgischen Parlament (Foto: REUTERS)
Will Michail Saakaschwili 2013 Regierungschef werden?Bild: Reuters

Parteiführer kandidieren nicht

Hauptrivalen im Kampf um die Parlamentssitze sind die Regierungspartei "Vereinte Nationale Bewegung" von Präsident Saakaschwili und das Oppositionsbündnis "Georgischer Traum" des Milliardärs Bidsina Iwanischwili. Aber weder Saakaschwili noch Iwanischwili können sich um ein Abgeordnetenmandat bewerben.

Saakaschwili nicht, weil er noch Staatsoberhaupt ist, und Iwanischwili nicht, weil ihm im Jahr 2011 die georgische Staatsbürgerschaft aberkannt wurde. Begründet wurde dies damit, dass Iwanischwili bereits die russische und französische Staatsbürgerschaft habe. Die französische Staatsbürgschaft hatte er 2010 angenommen. Die russische hat der Milliardär Ende 2011 aufgegeben.

Wechsel in die Opposition

Das Dekret von Präsident Saakaschwili, dem Milliardär die georgische Staatsbürgerschaft abzuerkennen, fiel zeitlich mit dem Beginn der politischen Aktivitäten Iwanischwilis zusammen. Im Oktober 2011 kündigte Iwanischwili an, eine Partei gründen zu wollen, um an der Parlamentswahl 2012 teilzunehmen. Nur ein halbes Jahr später entstand das Bündnis "Georgischer Traum" aus mehreren Oppositionsparteien. Iwanischwili galt lange als Saakaschwilis Anhänger. Seinen Wechsel in die Opposition begründete er damit, mit der zunehmend autoritären Politik Saakaschwilis nicht einverstanden zu sein.

Der Milliardär Bidsina Iwanischwili bei einer Kundgebung der Opposition in Tiflis (Foto: REUTERS)
Bidsina Iwanischwili gründet neues OppositionsbündnisBild: Reuters

Der Wahlkampf ist von gegenseitigen Vorwürfen beider Seiten geprägt. Ende August dieses Jahres beklagte Iwanischwili, die Regierung wolle das gesamte Vermögen seines Oppositionsbündnisses beschlagnahmen. So wolle Saakaschwili einen fairen Wahlkampf und eine freie Abstimmung verhindern. Die Behörden dagegen erklärten, mit dem Geld solle eine Strafe von umgerechnet 1,2 Millionen Euro wegen illegaler Parteienfinanzierung beglichen werden.

Fußballer gegen Berufspolitiker

Die Kandidatenliste des "Georgischen Traums" führt der bekannte Fußballspieler Kacha Kaladse an. Vor einem Jahr beendete der ehemalige Kapitän der georgischen Nationalmannschaft seine Sportkarriere und trat in Iwanischwilis Partei ein. Auch Kaladse hat Ärger mit der Justiz. Ein Gericht in Tiflis verurteilte den Ex-Fußballstar im vergangenen Monat zu einer hohen Geldstrafe, weil er die Opposition auf illegale Weise finanziell unterstützt haben soll. Kaladse hingegen sprach von einem politisch motivierten Urteil.

Die regierende "Vereinte Nationale Bewegung" setzte den derzeitigen Parlamentspräsidenten David Bakradse an die Spitze ihrer Kandidatenliste. Bakradse ist seit 1997 politisch aktiv. Er war schon georgischer Außenminister und Sondergesandter Georgiens bei der NATO und der EU. Unter anderem leitete er während seiner Laufbahn den Parlamentsausschuss für euro-atlantische Integration.

Mehrere Parteien haben Chancen

Neben Saakaschwilis Regierungspartei und Iwanischwilis Oppositionsbündnis könnten auch die Christdemokraten wieder ins Parlament einziehen. Angeführt werden sie von dem Ex-Journalisten Giorgi Targamadse, einst Mitarbeiter des verstorbenen Medienunternehmers Badri Patarkazischwili. Oppositionelle bezeichnen die Christdemokraten als "pseudo-oppositionell", da sie im Parlament immer wieder mit der Regierung kooperieren. Die geltende Fünfprozenthürde könnte ferner die populistische "Arbeiterpartei" des Rechtsanwalts Schalwa Natelaschwili überwinden. Die oppositionelle "Demokratische Bewegung – Einiges Georgien" der Ex-Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse nimmt an den Wahlen nicht teil. Beobachtern zufolge könnten ihre Anhänger für das Bündnis "Georgischer Traum" stimmen.

Wahlplakat der Christlich-demokratischen Partei in Georgien (Foto: DW)
Wahlplakat der georgischen ChristdemokratenBild: DW/Amalia Oganjanyan

Georgische Nichtregierungsorganisationen, die den Wahlkampf beobachten, haben seit August etwa 300 Verstöße gegen Wahlkampfbestimmungen registriert. Unter anderem beklagen sie, dass administrative Ressourcen für den Wahlkampf der Regierungspartei genutzt werden. Außerdem würden Wähler und Vertreter der Opposition unter Druck gesetzt. Ferner werde versucht, Wählerstimmen zu kaufen. Vertreter der Regierungspartei weisen diese Vorwürfe allerdings zurück.