Endlich zu Besuch in Berlin
18. Juni 2013Der Höhepunkt von Präsident Barack Obamas Besuch wird die Rede sein, die er am Mittwoch am Brandenburger Tor halten wird, dem Symbol für die Wiedervereinigung der einst geteilten Stadt. Wo früher die Mauer verlief, werden sich 6000 geladene Gäste versammeln, um dem US-Präsidenten zuzuhören. Sie warten gespannt darauf, welche Botschaft Obama im Gepäck hat.
Wenige Stunden vor der Rede wurde bereits bekannt, dass er unter anderem eine beiderseitige Verringerung der strategischen Atomsprengköpfe anbieten wolle. Obama werde außerdem ein Gipfeltreffen zur atomaren Sicherheit im kommenden Jahr in Den Haag vorschlagen, sagte ein US-Regierungsvertreter in Berlin. Ein weiteres derartiges Treffen solle 2016, dem letzten Jahr seiner Amtszeit, abgehalten werden. Auch der Klimawandel, die enge Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden zum Schutz vor Extremisten und die Stärkung demokratischer Grundwerte durch die westlichen Staaten würden in der Rede angesprochen, hieß es weiter.
Die zweite Rede in der Hauptstadt
Vor fünf Jahren hielt Obama schon einmal eine Rede in Berlin: Im Sommer 2008 besuchte er die Hauptstadt als Präsidentschaftskandidat und wurde von 200.000 Berlinern begeistert empfangen. Am symbolträchtigen Brandenburger Tor ließ Angela Merkel ihn seinerzeit allerdings nicht auftreten, was Obama der Bundeskanzlerin angeblich übel nahm. Dass er nach seiner Wahl zum US-Präsidenten zwar zweimal nach Deutschland reiste, Berlin aber links liegen ließ, soll seine Ursachen in dieser kleinen Verstimmung gehabt haben. Obamas Popularität in Deutschland tat das aber keinen Abbruch.
Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit holt der US-Präsident und Friedensnobelpreisträger den aufgeschobenen Besuch nun nach: Unter den größtmöglichen Sicherheitsvorkehrungen reiste Barack Obama zusammen mit der First Lady und seinen beiden Töchtern an und bleibt gut 25 Stunden in der Stadt. Bevor er am Brandenburger Tor spricht, wird er von Bundespräsident Joachim Gauck im Schloss Bellevue empfangen und tauscht sich in einem Vieraugen-Gespräch mit der Bundeskanzlerin aus. Auf der Agenda stehen transatlantische Top-Themen wie das Freihandelsabkommen und die Datensammelwut der US-Geheimdienste, die die Bundesregierung empört. Auch über den Bürgerkrieg in Syrien wollen die beiden beraten - die US-Regierung will die Rebellen mit Waffen beliefern, die Bundesregierung sieht das mit Skepsis. Während Obama politische Gespräche führt, besichtigt seine Frau Michelle die Mauer-Gedenkstätte und das Holocaust-Mahnmal in Berlin.
Treffen auch mit dem Kanzlerkandidaten
Für die Bundeskanzlerin, deren Verhältnis zu Obama von freundlicher Sachlichkeit geprägt ist, ist die Visite eine willkommene Unterstützung im Wahlkampf. Aber auch für Merkels Herausforderer, den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, hat Obama ein Stündchen reserviert. Der auf die Minute durchgeplante Besuchstag, der den Verkehr in der Hauptstadt teilweise lahmlegen wird, endet mit einem Abendessen im Schloss Charlottenburg - ohne Smoking-Zwang, aber "mit schönen Bildern und guten Tischreden", wie es im Kanzleramt heißt. Obama, soviel steht fest, wird während seines Besuchs die engen Bindungen zwischen Deutschland und den USA würdigen und festigen - und er kann sich einen Tag lang ganz wie ein Berliner fühlen.