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Ende gut, alles gut?

Wolter von Tiesenhausen/arn

Dreieinhalb Wochen nach ihrem Wahlsieg unterzeichneten SPD und die Grünen in Berlin den neuen Koalitionsvertrag. Der Einigung vorausgegangen war ein zäher Verhandlungspoker um Posten und Kompetenzen.

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Rot-Grün II.Bild: AP

Sozialdemokraten und Grüne haben sich trotz der Differenzen recht zügig auf einen neuen Koalitionsvertrag geeinigt. Zwar gab es bei den Verhandlungen immer wieder Spannungen, manchmal auch Verstimmungen, doch am Ende stand ein Papier, das von beiden Partnern getragen wird. Das ist es auch fast schon, was sich Positives dazu sagen lässt.

Das Personalkarussell hat ausgekreiselt

Und so sieht sie aus, die neue Bundesregierung: Die Sozialdemokraten besetzen zehn Ministerposten, die Grünen wie bisher drei. Überraschend wurde der frühere brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe ins Bundeskabinett berufen: Stolpe wird neuer Minister für Verkehr, Bau und den Aufbau Ost. Neue Familienministerin soll die bayerische SPD-Politikerin und frühere Bundestagsvizepräsidentin Renate Schmidt werden. Weitgehend Klarheit gibt es über die anderen noch offenen Kabinettsposten. Es zeichnete sich nach dpa-Informationen ab, dass die bisherige Innen-Staatssekretärin Brigitte Zypries (SPD) neue Justizministerin wird.

Bei den übrigen Schlüsselressorts gibt es keine Änderungen: Der Grüne Joschka Fischer bleibt Außenminister, Otto Schily (SPD) Innenminister, Hans Eichel (SPD) Chef im Finanzressort und Peter Struck weiter Verteidigungsminister. Neues Kabinettsmitglied wird der bisherige nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD), der künftig die Bereiche Wirtschaft und Arbeit leitet.

Das Kulturstaatsministerium übernimmt die ehemalige Hamburger Kultursenatorin Christina Weiss. In ihrem Ministerium wird alles beim alten bleiben. Die Diskussion um die Goethe-Institute ist damit vom Tisch - sie unterstehen weiterhin dem Auswärtigen Amt. Der für Europafragen zuständige Staatsminister im Außenministerium wird von der SPD besetzt. Favorit ist hier Hans Martin Bury (SPD), der bisherige Staatsminister im Kanzleramt.

Veränderungen im Zuschnitt der Ministerien

Die Grünen erhalten in ihren Ressorts mehr Kompetenzen. So bekommt Umweltminister Jürgen Trittin auch die Zuständigkeit für erneuerbare Energien vom Wirtschaftsministerium. Renate Künast erhält ein umfassendes Initiativrecht für Verbraucherschutz sowie eine weitgehende Zuständigkeit für die Gentechnik. Ein viertes Ministerium hätten sich die Grünen nicht gewünscht. Statt dessen sei es ihnen wichtiger gewesen, ihre Themen verstärkt voranzubringen.

Auch innerhalb der SPD-Ministerien gibt es Kompetenzverschiebungen. So soll der neue Superminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, die Grundsatzabteilung für Wirtschaftspolitik aus dem Finanzministerium zurück bekommen. Ein Superministerium soll auch Ulla Schmidt erhalten. Ihr Gesundheitsministerium solle um die Zuständigkeit für die Sozialsysteme erweitert werden.

Viel Posten, wenig Vision

Die inhaltliche Kargheit des Verhandlungsergebnisses liegt vor allem an der trostlosen wirtschaftlichen Ausgangslage. Das fehlende Wachstum lässt die Steuerquellen nur noch tröpfeln, die anhaltende Arbeitslosigkeit und die desolate Lage der sozialen Sicherungssysteme treibt den Zuschussbedarf nach oben. Deshalb war es erste Pflicht der Koalitionäre, den Haushalt des nächsten Jahres auszugleichen. Das ist - wenn auch mit viel Mühe - gelungen. Entscheidend war die Bereitschaft von Bundesfinanzminister Hans Eichel, seine eigenen Sparvorhaben über den Haufen zu werfen. Damit eröffnete sich die Möglichkeit, im nächsten Jahr mehr Schulden zu machen, als man ursprünglich eingeplant hatte.

Gradmesser Arbeitsmarkt

Vor allem aber wird der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit über den Erfolg der zweiten Regierung Schröder entscheiden. Auch hier gilt: Nur eine wieder belebende Wirtschaft wird neue Arbeitsplätze schaffen. Dazu sind Entlastungen für die Investoren erforderlich. Das Koalitionsabkommen aber listet auf, wo überall Steuern und Lohnnebenkosten angehoben werden. Die Koalition mag mit dieser Vereinbarung über die nächsten vier Jahre kommen, das Land aber wird sie kaum voran bringen.