Ende eines Zeitalters in Indien
Während Schreibmaschinen im Westen eine Wiedergeburt als nostalgische Retro-Dekoration feiern, kommen sie in Indien vielerorts noch zum Einsatz. Doch auch hier verschwinden Remington und Co. allmählich aus dem Alltag.
Von Beruf Maschinenschreiber
Tippen auf Maschine Nummer 17: Noch vor rund 20 Jahren gab es in Neu-Delhi hunderte kleine Schreibschulen, in denen Studenten, angehende Büroangestellte und junge Frauen auf der Suche nach einem Job als Sekretärin das Maschinenschreiben lernten. Das änderte sich ab dem Jahr 2000, als der schwedische Hersteller Facit und das amerikanische Unternehmen Remington ihre Produktion in Indien einstellten.
Statussymbol Schreibmaschine
Schreibmaschinen wie diese alte Remington 2000 waren in Indien schon immer mehr als nur Büroartikel. Der Besitz eines Modells zeugte von Bildung und beruflichem Erfolg. Als zunehmend auch Frauen in den Arbeitsmarkt einstiegen, wurde die Schreibmaschine zum Symbol weiblicher Emanzipation. Für viele Inder sind Schreibmaschinen auch im 21. Jahrhundert fester Bestandteil des Alltags.
Tippen im Akkord
Kleine Schreibschulen wie diese in Neu-Delhi gibt es immer noch. Hin und wieder sind sie von Studenten überlaufen, die auf den alten Modellen das schnelle und fehlerfreie Tippen üben, aber im Vergleich zu den 1990er Jahren hält sich der Andrang in Grenzen - denn auch in Indien muss die Schreibmaschine allmählich modernen Geräten weichen.
Spuren im Straßenbild
Nachdem die großen Firmen Remington und Facit das Land verlassen hatten, stellte 2009 auch das indische Unternehmen Godrej and Boyce die Produktion ein. Seitdem werden in Indien keine Schreibmaschinen mehr hergestellt. Die Schreibschulen und vereinzelte Schreibmaschinen-Geschäfte in Neu-Delhi und anderen Städten sind einige der wenigen Überbleibsel einer auslaufenden Ära.
Hege und Pflege
Doch solange es Schreibschulen und professionelle Maschinenschreiber gibt, sind Reparaturdienste nachgefragt. In Indien arbeiten noch eine Handvoll Schreibmaschinen-Reparateure. Einige von ihnen verkaufen in ihren Läden auch Ersatzteile für die alten Modelle.
Maschinenschreiben als Dienstleistung
In Indien arbeiten noch mehrere tausend professionelle Maschinenschreiber. Das Land hat einen verhältnismäßig niedrigen Alphabetisierungsgrad: Nach Angaben der UNESCO können 287 Millionen Inder weder lesen noch schreiben. Die meisten Maschinenschreiber bieten ihren Service vor Gerichten, Behörden oder Regierungsgebäuden an - oder wie hier vor der Börse in Neu-Delhi.
Das Ende einer Ära
Dass die Blütezeit der Schreibmaschinen in Indien so lange andauern konnte, wird überholten bürokratischen Prozessen in den Behörden zugeschrieben - lange waren in den Amtsstuben noch Schreibmaschinen im Einsatz. Auch wenn sie nun nicht mehr als Geschäft der Zukunft gehandelt werden: Ganz verschwinden werden Schreibmaschinen aus dem täglichen Leben vieler Inder wohl so schnell nicht.