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Empörung über milde Urteile gegen Mubarak-Clan

2. Juni 2012

Vor einem Jahr hatte der Prozess gegen Ägyptens Ex-Präsident Mubarak begonnen, jetzt schickten ihn die Richter für immer hinter Gitter. Viele Ägypter hatten die Todesstrafe erhofft und fürchten nun gar eine Begnadigung.

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Demonstranten in Kairo fordern Todesstrafe für Mubarak (foto:dapd)
Bild: Reuters

In mehreren Städten kam es deshalb zu größeren Kundgebungen. Die Demonstranten in Kairo, Alexandria und Suez kritisierten, dass Hosni Mubarak nicht zum Tode verurteilt worden sei. Sie protestierten außerdem dagegen, dass der Richter sechs ehemalige Funktionäre des Sicherheitsapparates freigesprochen hatte.

Kritik am Justizsystem

An den Kundgebungen beteiligten sich auch Mitglieder der Moslembrüderschaft, der stärksten Kraft im neuen ägyptischen Parlament. Der Nachrichtensender Al-Arabija meldet, die Staatsanwaltschaft wolle das Urteil anfechten und gegebenfalls die Todesstrafe für Mubarak fordern. Viele Demonstranten forderten außerdem, es müsse eine grundsätzliche Säuberung der ägyptischen Justiz geben. Viele Richter im Land seien korrupt. Die starken Männer des alten, eigentlich gestürzten Regimes seien immer noch aktiv und hätten Einfluss auch auf die Justiz

Es gibt allerdings auch Kräfte, die sich für ein weniger strenges Vorgehen gegen Mubarak einsetzen. Dazu gehört auch der frühere Ministerpräsident, Ahmed Schafik. Der 70-Jährige hatte Mubarak noch vor kurzem in öffentlichen Interviews als sein großes Vorbild bezeichnet. Schafik tritt in zwei Wochen bei der Stichwahl um das Präsidentenamt gegen den Kandidaten der gemäßigten Moslembrüder, Mohammed Nursi, an. Sollte Schafik an die Macht kommen, dürfte Mubaraks Erbe trotz des jetzigen Urteils gegen ihn in Ehren gehalten werden. Oppositionspolitiker wurden mit ihren Befürchtungen zitiert, Schafik könne im Falle seiner Wahl zum Staatsoberhaupt später Mubarak auch begnadigen.

Frauen erinnern bei Massenkundgebungen an die Opfer des Aufstands von 2011 (foto:dpad)
Frauen erinnern bei Massenkundgebungen an die Opfer des Aufstands von 2011Bild: dapd

Mit Sonnenbrille im Sicherheitskäfig

Der Prozess gegen Mubarak hatte im August vergangenen Jahres begonnen. Wie schon zuvor wurde er auch am letzten Verhandlungstag auf einer fahrbaren Krankentrage in den Saal gebracht und verfolgte zusammen mit den anderen Angeklagten das Geschehen aus einem Metallkäfig heraus.

Bei der Urteilsverkündung trug Mubarak eine Sonnenbrille mit schwarzen Gläsern, so dass seine Augen nicht zu sehen waren. Sein Gesicht wirkte versteinert. Bisher durfte der 84-Jährige seine Strafe im Krankenhaus verbüßen, nun wurde er in ein Kairoer Gefängnis gebracht.

Ex-Staatschef Mubarak verfolgt wie versteinert den Urteilsspruch von Kairo (foto:dapd)
Ex-Staatschef Mubarak verfolgt wie versteinert den Urteilsspruch von Kairo: Für immer hinter GitterBild: dapd

Zwei Söhne Mubaraks - Gamal und Alaa - wurden in dem Prozess wegen Bestechlichkeit verurteilt, von den anderen Anklagepunkten jedoch freigesprochen. Ihre Haftstrafe haben sie dem Urteil zufolge bereits mit ihrem bisherigen Gefängnisaufenthalt abgegolten. Sie kamen also frei.

In Ägypten hatte der Arabische Frühling Anfang vergangenen Jahres seinen Höhepunkt erreicht. 18 Tage dauerte der Volksaufstand. Bei der Niederschlagung der Proteste im Zuge des arabischen Frühlings kamen etwa 850 Menschen ums Leben. Mehr als 6.000 wurden verletzt. Mubarak wurde am 11. Februar 2011 gestürzt. Die Verurteilung Muabaraks zu lebenslanger Haft stützt sich auf den Vorwurf, er sei für die Tötung hunderter Demonstranten verantwortlich. Er habe damals die politische Verantwortung für das Vorgehen der Polizei getragen.

Einst auch vom Westen unterstützt

Mubarak hatte Ägypten mehr als zwei Jahrzehnte regiert. Die USA und die Europäische Union unterstützten Mubarak politisch, unter anderem deshalb, weil der ägyptische Staatschef gegenüber Israel einen moderaten Kurs eingeschlagen und immer wieder Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern vermittelt hatte. Zudem war Mubarak gegen radikale Islamisten im eigenen Land vorgegangen.

haz/SC (rtre,afp,dpa)