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Emilio Butragueño: "Real Madrid ist wichtig in der Welt, mit oder ohne Zidane"

Das Gespräch führte Steffen Leidel, zurzeit Madrid27. April 2006

Meisterschaft futsch, Zinedine Zidane hört auf, und der neue Präsident ist auch weg - nach nur 58 Tagen. Der Ex-Stürmerstar und Vizepräsident Emilio Butragueño spricht mit DW-WORLD.DE über die Krise von Real Madrid.

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Emilio Butragueño: Turbulente Tage für den Vizepräsidenten von Real MadridBild: PA/dpa

DW-WORLD.DE: Der Mittwoch (26.4.) war ein schwarzer Tag für Real Madrid. Am Morgen gibt Fußballstar Zinedine Zidane bekannt, dass er aufhört. Am Abend erklärt Fernando Martín, Präsident von Real Madrid, nach nicht einmal zwei Monaten im Amt seinen Rücktritt. Er fand kein Vertrauen in der Führungsriege des Clubs. Und noch ein Schlag am gleichen Abend: Erzrivale Barcelona zieht ins Finale der Champions League ein. Wie haben Sie den Tag erlebt?

Emilio Butragueño: Mein Tag war gestern durch die Sitzung des Vorstandes bestimmt. Der Wechsel eines Präsidenten ist immer eine heikle Sache. Es ist wirklich nicht ideal. Aber so ist das nun mal.

Ist Real Madrid in der Krise?

Was klar ist, ist dass in Madrid eine neue Etappe beginnt. Es stehen nun Wahlen an, in ein bis zwei Monaten. Wir haben schwere Zeiten durchgemacht, aber die Spieler sind Profis. Ich selbst habe Ähnliches durchgemacht, als ich noch Spieler war.

Haben Sie mit dem Rücktritt Martins gerechnet? Martin war nach dem Rücktritt von Florentino Perez am 28. Februar eingesetzt worden und wollte am Ende der Saison (Juni) Wahlen durchsetzen. Er wollte aber die Zeit bis dahin weiter als Präsident fungieren, um wichtige Fragen, wie die Verpflichtung neuer Spieler anzugehen.

Ich habe im Fußball gelernt, dass wirklich alle Möglichkeiten immer in Betracht gezogen werden müssen.

Ist Fernando Martín denn nun definitiv aus dem Rennen? In den Medien wird als Favorit beispielsweise der ehemalige Rennfahrer Carlos Sainz genannt.

Fernando Martin
Nach 58 Tagen im Amt: das Aus für Real-Präsident Fernando MartinBild: AP

Martín kann ja noch einmal bei den Wahlen antreten, und ich vermute, er wird das wohl auch tun. Offiziell werden die Namen der Kandidaten erst, wenn der Wahlprozess beginnt.

Wie viel Schaden hat der Rücktritt von Florentino Perez Real Madrid zugefügt?

Wir sind in einem schwierigen Moment. Wir können uns derzeit keine kritische Analyse leisten. Wir haben vier wichtige Spiele in der Liga vor uns. Was passiert ist, ist passiert. Jetzt müssen wir dem Club helfen, soweit wir können.

In dieser Saison läuft es wirklich nicht besonders gut für Real Madrid, auch nicht in sportlicher Hinsicht. Sind Sie enttäuscht von der aktuellen Spielzeit?

Real Madrid muss sich immer bemühen, zu gewinnen und zwar alles. Es ist die dritte Saison ohne Titelgewinn. Das ist schlecht.

Wie schwer wiegt der Rücktritt von Zidane?

Das ist wirklich schade, vor allem für die Fußballfans. Aber jedes Leben ist ein Prozess, da sind auch die Großen wie Zidane nicht von ausgenommen. Auch di Stefano, Pelé oder Maradona sind irgendwann gegangen. Aber Spieler wie Zidane machen den Fußball und den Sport allgemein groß. Er ist ein wahrer "Caballero" (Gentleman) und sein Stil, Fußball zu spielen, hat dazu geführt, dass die Leute Fußball sehen wollen. Es gibt nicht viele Spieler wie ihn. Zidane hat den richtigen Moment gewählt, was ihm noch mehr Respekt abverlangt.

Real Madrid ist eine weltweite Marke und lebt von den Superstars. Wer kann Zidane ersetzen?

Emilio Butrageño
Spaniens Stürmerstar Butragueño bei der WM 1986 in MexikoBild: PA/dpa

Zinedine ist ein ganz besonderer Spieler. Spieler wie ihn gibt es nicht alle Jahre. Es wird keinen zweiten Zidane geben. Es gibt große Spieler auf der Welt. Zinedine war der beste Spieler der Welt. Aber Real Madrid muss immer wettbewerbsfähig sein und sich bemühen, alle Pokale zu gewinnen, auch ohne Zidane. Real ist wichtig in der Welt, mit oder ohne Zidane.

Wäre Thierry Henry eine Option?

Wir werden nicht über Namen reden.

Sie selbst haben Wirtschaft studiert. Was ist das Besondere an dem Unternehmen Real Madrid?

Es ist ein Unternehmen, aber kein normales. Es ist gleichzeitig ein Fußballklub mit großen Emotionen. Aber natürlich ist es ein Unternehmen, das seine Ergebnisse nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzeigen muss.

Eine gute betriebswirtschaftliche Entscheidung muss aber nicht immer auch aus sportlicher Hinsicht eine gute sein.

Ja, man muss ein Gleichgewicht finden. Aber wenn wir im Fußball wettbewerbsfähig sein wollen, brauchen wir Geld und umgekehrt.

Real Madrid schaut dabei immer mehr nach Asien. Was ist da so verlockend?

El RM ist unserer Ansicht nach ein universaler Fußballverein. Der asiatische-, vor allem China, Japan, Korea, Thailand und Indien, und der amerikanische Markt sind besonders wichtig. In Asien wächst die Zahl der Fußballfans, mit denen Real Madrid eine permanente Beziehung verbindet. Wir versuchen mit den Mitgliedern vor Ort Allianzen zu schmieden, um so mit unseren Fans dort unmittelbaren Kontakt zu halten.

Kein Interview vor der WM ohne eine Frage zur WM. Wie sehen Sie die Chancen der deutschen und der spanischen Mannschaft?

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Für Butragueño wird die deutsche Elf bei der WM schwer zu besiegen seinBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Deutschland hat als Gastgeber einen enormen Vorteil. Alle sagen, Deutschland sei schlecht. Doch ich bin sicher: Wenn die WM kommt, wird es sehr schwer sein, Deutschland vor heimischer Kulisse zu besiegen. Deshalb bin ich nicht so pessimistisch, was Deutschland angeht. Die Deutschen sollten nicht so pessimistisch sein. Zu Spanien: Wir haben eine technisch hochwertige Mannschaft. Mal sehen, ob wir das Viertelfinale diesmal durchstehen.

Emilio Butragueño (geb. 1963 in Madrid) ist einer der größten Fußballer Spaniens. Seine ausgefeilte Technik und Torgefährlichkeit brachten ihm den Spitznamen "El buitre" (der Geier) ein. Seit 2004 ist er Vizepräsident von Real Madrid.