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Eklat bei Fortsetzung des Prozesses gegen Saddam Hussein

5. Dezember 2005

Die dritte Gerichtssitzung im Prozess gegen den früheren irakischen Diktator Saddam Hussein hat mit einem Eklat begonnen: Die Verteidiger verließen aus Protest den Gerichtssaal.

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Vor den Augen des Angeklagten sagte der erste Zeuge der Anklage ausBild: AP

Die Szenen aus dem Gericht sprachen für sich: Saddam Hussein und seine Mitangeklagten riefen wild durcheinander, standen immer wieder empört auf. Die Anwälte zweifelten die Rechtmäßigkeit des ganzen Verfahrens an, und der Vorsitzende Richter Risgar Mohammed Amin versuchte mühsam, die Kontrolle zu behalten. Oft wirkte er fast hilflos angesichts der Rebellion in seinem Gerichtssaal. Dominiert wurde der Verhandlungstag zu Beginn ganz deutlich von dem ehemaligen irakischen Diktator und seinen Verteidigern, darunter der für Provokationen bekannte ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark.

Zwar zeigte sich Richter Amin entschlossener als in den beiden früheren Verfahrensrunden und schnitt den Anwälten häufig das Wort ab, doch bewirkte dies an diesem Montag (5.12.2005) nur, dass die Verteidiger und ihre Mandanten noch lauter wurden. Saddam, wieder im weißen Hemd und grauer Anzugsjacke, rief, er werde das Gericht unter diesen Bedingungen nicht anerkennen. Nach Zwischenrufen von der Bank der Angeklagten, wie "Richtet uns doch gleich alle hin" oder "Lang lebe der Irak", marschierten die Verteidiger, angeführt von Clarke, aus dem Gerichtssaal.

Saddams Vorwürfe

Mehr als anderthalb Stunden später kehrten sie zurück und erhielten die Gelegenheit ihre Argumente vor Gericht vorzutragen. Dabei vertraten die Anwälte den Standpunkt, dass das Tribunal unter US-Besatzungsherrschaft eingesetzt worden und daher illegal sei. Clark forderte außerdem, dass die Sicherheitsvorkehrungen für die Verteidiger und deren Familien verbessert werden müssten. Zugleich mahnte er, eine sichere Zukunft des Irak würde davon abhängen, ob der Prozess das Land spalte oder ob er heile. Ohne den Schutz der Anwälte sei ein faires Verfahren unmöglich, sagte Clark. Richter Amin hörte sich die Worte mit unbewegter Mine an und setzte dann das Verfahren fort.

Saddam Hussein selbst hatte den kurzen Tumult um den Auszug der Verteidiger genutzt, um das Gericht zu schmähen. Es sei "ein Produkt Amerikas", sagte er. Sein ebenfalls angeklagter Halbbruder Barsan al-Tikriti schloss sich ihm an und rief: "Es lebe Saddam!"

Erster Zeuge

Es war die dritte Gerichtssitzung seit Prozessbeginn am 19. Oktober. Saddam Hussein und seinen Mitangeklagten wird vorgeworfen, aus Rache für einen Attentatsversuch im Jahre 1982 ein Massaker an mehr als 140 Schiiten in der südirakischen Stadt Dudschail angeordnet zu haben. Bei einem Schuldspruch droht ihnen die Todesstrafe. Der gestürzte Staatschef hat stets seine Unschuld beteuert.

Nach der Unterbrechung der Verhandlung sagten auch die ersten Zeugen aus. Dabei ging es um die Ereignisse in Dudschail. Ein damals 15-jähriger Dorfbewohner kam zu Wort. Anschaulich und in Details berichtet er von Massenverhaftungen, grausamer Folter auch an Frauen und Kindern sowie Hinrichtungen. Er saß bei seiner Aussage nur wenige Meter von Saddam Hussein entfernt, und betonte mit Seitenblick auf den gestürzten Diktator, dass er nur die Vorgänge schildern wolle. Er wisse, dass Saddam zwar angeklagt, aber seine Schuld nicht bewiesen sei. Saddam wendet sich an ihn und sagt lächelnd, er solle beruhigt sein und einfach erzählen. (mas)