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Einsatz am Horn von Afrika

Detlev Karg21. November 2001

Nachdem sich die militärischen Operationen der internationalen Allianz gegen den Terror in Afghanistan dem Ende zuneigen, rückt der Krisenherd Somalia in das Blickfeld.

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In den Straßen von Mogadischu: Den Staat gibt es nichtBild: AP

Stets haben die USA darauf hingewiesen, dass der Krieg in Afghanistan nur die erste Schlacht eines langen Feldzugs sei. Künftige Operationen sind jedoch noch nicht bekannt geworden. Nun rückt mit dem Einsatz der Bundeswehr im Arabischen Meer ein anderes Land auf der Liste der verdächtigen Terror-Staaten in den Blick: Somalia. Eine Schlüsselrolle für die Anti-Terror-Allianz übernimmt dabei die abtrünnige Republik Somaliland, die sich von dem seit zehn Jahren in Anarchie befindlichen Somalia abgespalten hat.

Eine Heimstatt des Terrorismus

Dass das Fehlen einer handlungsfähigen Regierung in Somalia dem Terrorismus nützt, belegen mehrere Beispiele. Der kürzlich getötete Al-Kaida-Militärchef Mohammed Atef ging Anfang der 90er Jahre nach Somalia, um die dortigen moslemischen Partisanen auszubilden. Sie gehören zur Organisation "Al-Ittihad-al-Islamya", die das FBI im Umkreis von "El Kaida" ansiedelt. In der südsomalischen Ortschaft Raskamboni nahe Kenia sowie in Region Puntland soll "Al-Ittihad" Ausbildungslager haben, in denen auch "El Kaida"-Kämpfer leben.

Die somalischen Moslem-Extremisten kämpften 1993 gegen die im Rahmen der damaligen UN-Operation stationierten US-Soldaten. Mohammed Atef soll seinerzeit am Abschuss eines US-Hubschraubers beteiligt gewesen sein, bei dem 18 amerikanische Soldaten getötet wurden.

Auch das gescheiterte Attentat auf den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak 1995 in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba wurde in Somalia vorbereitet. Das berichtete jüngst die arabische Zeitung "Al-Hayat". Das Blatt berief sich dabei auf ein ehemaliges Mitglied der Terrororganisation El Kaida von Osama bin Laden. Der Ex-Terrorist aus Marokko, sagte "Al Hayat" zufolge, die Aktion sei von ägyptischen Terroristen der "Gamaat Islamija" (Islamische Vereinigung) zusammen mit islamischen Extremisten anderer Länder zuvor in Afghanistan geplant worden. 200.000 US-Dollar wurden den Tätern, die in den Anschlag durchführen sollten, bezahlt.

Unterdessen reagiert das Land am Horn von Afrika auf die vagen Ankündigungen und Drohungen aus den USA. So hat die Übergangsregierung von Somalia die internationale Gemeinschaft um mehr Wiederaufbauhilfe gebeten. Es drohten Gesetzlosigkeit und Zerfall, und Somalia könnte zu einem Land für Terroristen, Waffen- und Drogenschmuggler werden, sagte der mittlerweile gestürzte Interims-Premierminister Ali Khalif Galaydh vor dem Weltsicherheitsrat Ende Oktober in New York.

Nervosität in Mogadischu

Der somalische Präsident, Abdikassim Salad Hassan, hat hingegen die Existenz von Ausbildungslagern für Terroristen mit Verbindungen zu Osama bin Ladens Terrornetzwerk "El Kaida" in seinem Land abgestritten. Das sagte er am Rande von Vermittlungsgesprächen mit somalischen Milizenführern in Kenias Hauptstadt Nairobi im November. "Das erste Mal habe ich nach dem 11. September von El Kaida gehört", sagte er der Presse in Nairobi.

Dass Hassan jegliche Kenntnis oder Billigung des Terrors abstreitet, hat einen Grund. Die Einwohner in Somalia haben laut Agenturberichten zunehmend Angst, dass sie nach Afghanistan das nächste Ziel im Kampf der USA gegen internationalen Terrorismus werden. Immerhin haben die USA nach ihrem Rückzug 1993 noch eine Rechnung mit den Somalis offen haben. Hilfsorganisationen haben nahezu alle ausländischen Mitarbeiter aus Somalia abgezogen. Bereits jetzt spürt das gebeutelte Land den Krieg an der Finanzfront. Die Vereinigten Staaten hatten Anfang November weltweit die Büros des größten somalischen Finanzinstituts Al Barakaat schließen lassen. Seitdem fließen keine Devisen mehr nach Somalia. Al Barakaat steht im Verdacht, die Aktivitäten von Osama bin Laden mit zu finanzieren.

Eine Schlüsserolle für Somaliland

Der zehnjährigen innersomalischen Krise verdanken Deutsche und Amerikaner nun einen Stützpunkt nahe der möglichen Verkehrswege der Terroristen. Die abtrünnige Republik Somaliland wird ihre Basis sein. US-Militärexperten sollen bereits eine mögliche militärische Nutzung der Landebahn in der Stadt Berbera erkundet haben. Auch habe es entsprechende Verhandlungen mit dem Land gegeben, das um internationale Anerkennung ringt. Das wurde aus amerikanischen Diplomatenkreisen in der kenianischen Hauptstadt Nairobi bekannt. Präsident der Republik Somaliland ist Ibrahim Egal. Mit der in den 60er Jahren von den Sowjets errichteten Landebahn verfügt sein Land angeblich über die längste des Kontinents. Sie ist vier Kilometer lang. Von ihr aus ließen sich mutmaßliche afrikanische Ausbildungslager der El-Kaida attackieren.

Somalilands Präsident Egal hat an deren Zerschlagung ein natürliches Interesse. Damit wäre ihm die Unterstützung der USA und Großbritanniens bei der internationalen Anerkennung sicher. Zudem verlöre er etliche Gegenspieler. Berberas, das außerdem über einen Tiefseehafen verfügt, wird auch Stützpunkt der deutschen Marine sein, die nun nach dem Bundestagsbeschluss über den deutschen Militäreinsatz in ihren Operationsraum verlegt wird. Im März 1994 hatten die letzten deutschen Soldaten Somalia nach der UN-Mission verlassen.