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Einmal aufladen bitte!

7. Mai 2010

570 Kilometer - ohne Benzin. Auf einer Testtour soll unser Elektroauto zeigen, wie es sich im Alltag schlägt. Das Auto macht Spaß, hat 252 PS und ist fast geräuschlos. Aber ist das wirklich die Zukunft der Mobilität?

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Vollelektrisch: Über 6000 Laptop-Akkus sind so etwas wie der Tank des Elektroautos.
Vollelektrisch: Über 6000 Laptop-Akkus sind so etwas wie der Tank des Elektroautos.Bild: DW

100.000 Euro, Hightech, hohe Erwartungen.

Dennoch stoßen wir in einem Dortmunder Hotel an die Grenzen unseres Elektroautos. "Bad extension cord", meldet der Bordcomputer beim fünften Versuch, den Wagen an einer Steckdose zu laden.

Der Tesla Roadster mag gewöhnliche Steckdosen nicht, und noch weniger mag er Verlängerungskabel. Zuvor haben wir in der Innenstadt vergeblich nach einer Ladestation mit passendem Stecker gesucht. Die Lithium-Ionen-Akkus sind fast leer, es ist der dritte Tag unserer Reise. Am nächsten Morgen wollen wir 200 Kilometer vom Ruhrgebiet nach Niedersachsen fahren.

Freud und Leid sind nah beieinander

Irgendwann klappt es. In rund 13 Stunden laden wir den Wagen randvoll, am nächsten Tag rauschen wir fast lautlos über die Autobahn.

Bordcomputer: Wenn sich die Reichweite dem Ende zuneigt, leuchtet das Display in warnendem Gelb.
Bordcomputer: Wenn sich die Reichweite dem Ende zuneigt, leuchtet das Display in warnendem Gelb.Bild: Tesla Motors

Der Ladeversuch in Dortmund zeigt: Freud und Leid sind noch nah beieinander bei elektrischer Mobilität. Auf der einen Seite fasziniert die Technologie. Auf der anderen Seite ist alles noch nicht ganz ausgereift.

Straßenbahn auf Ecstasy - Das Fahrgefühl

Viele Autobauer haben in den letzten Jahren Elektroautos entwickelt, Citroen oder Mitsubishi zum Beispiel. Tesla schickte einen Wagen mit über 250 PS auf den Markt. Und das spürt man bei der Beschleunigung. Elektroautos übertragen die Motorkraft direkt auf die Räder. Wie eine Straßenbahn auf Ecstasy fühlt sich der Wagen an, wenn man richtig Gas gibt.

Übermäßig beschleunigen, das wollen wir auf unserer Testtour aber nicht. Insgesamt 560 Kilometer fahren wir von der deutsch-holländischen Grenze über das Ruhrgebiet zur Mitte Deutschlands. Dabei wollen wir so wenig Energie wie möglich verbrauchen, um unsere Reichweite zu erhöhen. Auf Autobahnen fahren wir daher kaum schneller als 110 Stundenkilometer.

Es braucht Geduld - die Alltagstauglichkeit

Auch Energiekonzerne wie Eon oder Rwe wollen den Markt der Elektromobilität erobern. In Testregionen wie dem Ruhrgebiet haben sie bereits ein recht dichtes Netz von Ladestationen aufgebaut. Solche Stationen liefern den Strom in einer höheren Leistung als herkömmliche Steckdosen. Dennoch dauert es auch hier etwa drei bis fünf Stunden, bis der Wagen eine ordentliche Menge Strom geladen hat.

Alt und neu: Der Elektrowagen macht Station vor einer stillgelegten Zeche in Herten.
Alt und neu: Der Elektrowagen macht Station vor einer stillgelegten Zeche in Herten.Bild: DW

Fazit: Flächendeckende Ladestationen mit einheitlichen Standards, auch das steht noch in ferner Zukunft. Auf unserer Reise sind wir daher auf private Steckdosen angewiesen - und brauchen viel Geduld.

Konkurrenzfähig - Die Energiebilanz

Autohersteller und Energieriesen präsentieren Elektroautos als die grüne Zukunft des Verkehrs. Doch stimmt das? Und wie steht es mit der Reichweite des Roadsters? Wir haben unseren täglichen Stromverbrauch gemessen und ausgewertet. Die Daten: Wir fuhren insgesamt 569 Kilometer und verbrauchten dabei 88,1 Kilowattstunden Strom.

Umgerechnet kommen wir damit auf eine Reichweite des Roadsters von 355 Kilometern mit einer vollständigen Ladung. Das ist beachtlich, jedoch schleppt der Wagen dafür auch Batterien im Wert von rund 25.000 Euro und mit einem Gewicht von 450 Kilogramm mit sich herum.

Wenn man bei dem Gesamtverbrauch den deutschen Strommix aus Kohle, Atom, Gas und erneuerbaren Energien zu Grunde legt, hat der Roadster pro Kilometer 96,6 Gramm CO2 in die Luft gepustet. Zum Vergleich: Der ADAC kam beim Hybridauto Prius von Toyota auf einen Wert von 109 Gramm pro Kilometer. Der Tesla erreicht also einen guten Wert, der aber von Autos mit Verbrennungsmotoren - wie etwa dem Smart - geschlagen werden kann.

Schnell aber sparsam - das E-Mobil-Gefühl

Unser Elektroauto mobilisierte sowohl Umweltschützer als auch Rennsportfanatiker. Es hat eine bessere Beschleunigung als viele Sportwagen. Und dennoch beruhigt es das CO2-Gewissen. Mit einem Stückpreis von 100.000 Euro bleibt der Tesla Roadster ein Entwurf, den sich die meisten Autofahrer nicht leisten können.

Ladestation in Essen: Etwa 3-5 Stunden dauert es hier, bis der Wagen aufgeladen ist.
Ladestation in Essen: Etwa 3-5 Stunden dauert es hier, bis der Wagen aufgeladen ist.Bild: DW

Doch die Elektroautos sind im Kommen, die Preise sinken. Schon jetzt werden E-Mobile für rund 40.000 Euro angeboten. Die Bundesregierung rechnet mit eine Million Elektroautos bis zum Jahr 2020. Wenn diese durch Strom aus erneuerbaren Energien geladen werden, könnten die Autos auch ein Klimaerfolg werden.

Situationen wie im Dortmunder Hotel könnten sich in Zukunft also häufen: "Ein Doppelzimmer und den Wagen einmal aufladen bitte!"

Autor: Benjamin Hammer

Redaktion: Monika Griebeler