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Einigung über EU-Finanzen in weiter Ferne?

Wim Abbink2. Dezember 2005

Eine baldige Einigung im Haushaltsstreit der Europäischen Union wird immer unwahrscheinlicher. Der so genannte Briten-Rabatt und der Kohäsionsfonds sind die Knackpunkte.

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Üppig gefüllt ist die EU-Kasse nicht mehrBild: dpa

Bei einem Besuch des britischen Premierministers und amtierenden EU-Ratspräsidenten Tony Blair in Budapest wurde am Freitag (2.12.) klar, dass die neuen Mitgliedsländer einer Kürzung ihrer Zuwendungen keinesfalls zustimmen wollen. "Wir sind heute weit von einer Einigung entfernt", sagte der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany nach den Beratungen Blairs mit der so genannten Visegrad-Gruppe, zu der Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei gehören.

Großzügige Aufbauhilfen

Blair hat für die kommende Woche die Vorlage eines schlankeren EU-Haushalts in Aussicht gestellt. Dies würde jedoch auch Kürzungen des so genannten Kohäsionsfonds beinhalten, aus dem die neuen EU-Mitglieder in Osteuropa Aufbauhilfen beziehen. Gyurcsany betonte jedoch, dass dieser Fonds nicht geschmälert werden dürfe. "Die neuen EU-Länder können nicht allein den Preis zahlen", sagte der ungarische Ministerpräsident.

Tony Blair in Ungarn bei Ferenc Gyurcsany
Tony Blair bei seinem ungarischen Kollegen Ferenc GyurcsanyBild: AP

Üppige Agrarsubventionen

Blair wiederum warnte, dass ohne eine Einigung auf dem nächsten EU-Gipfel am 15. und 16. Dezember in Brüssel womöglich auch das ganze Jahr 2006 kein Abkommen zu Stande kommen werde. Dann aber würden die neuen EU-Mitglieder aus dem Kohäsionsfonds nur etwa ein Drittel von dem erhalten, was ihnen zurzeit zugedacht sei.

Bei dem Streit geht es um die Finanzplanung der EU von 2007 bis 2013. Großbritannien fordert im Rahmen einer Budgetreform einen Abbau der üppigen Agrarsubventionen, Frankreich lehnt dies kategorisch ab. Der EU-Gipfel im Juni 2005 war an dieser Frage gescheitert, die nun binnen zwei Wochen gelöst werden soll. Dem entsprechend steht die britische Ratspräsidentschaft unter Erfolgsdruck.

Fetter Rabatt

Zumindest scheint Blair Zugeständnisse beim so genannten Briten-Rabatt nicht mehr auszuschließen. Die Londoner Boulevardzeitung "Daily Mail" zieh den Premierminister am Freitag des Verrats, weil er bereit sei, die britischen EU-Beiträge um rund eine Milliarde Pfund (1,45 Milliarden Euro) zu erhöhen. Großbritannien erhält seit 1984 einen Nachlass in Milliardenhöhe, den die damalige Premierministerin Margaret Thatcher als Ausgleich für mangelnde Einnahmen erkämpft hat. Zu dieser Zeit war Großbritannien wirtschaftlich angeschlagen. Da Großbritannien von den Agrarsubventionen der Europäischen Union nicht im gleichen Maße wie andere Mitgliedsstaaten profitierte, sollte dieser "Rabatt" dies ausgleichen.

Laut "Daily Mail" ist Blair nun bereit, eine Kürzung des Rabatts auch ohne Einschnitte bei den Agrarausgaben zu akzeptieren. Blair bekräftigte dagegen in Budapest, er werde nicht auf den Briten-Rabatt verzichten. Gleichzeitig wiederholte er aber seine Auffassung, dass Großbritannien seinen Beitrag zu den Kosten der EU-Erweiterung leisten müsse. Dazu sei er bereit, sagte er, ohne Einzelheiten zu nennen.

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Von den Agrarsubventionen profitiert vor allem Frankreich

Blair wurde von anderen EU-Regierungschefs wegen seiner Verhandlungsführung über das Gemeinschaftsbudget schon mehrfach heftig kritisiert. Innenpolitisch drohen ihm allerdings Schwierigkeiten, wenn er einer Reduzierung des Briten-Rabatts ohne Entgegenkommen beim Agrarhaushalt zustimmen sollte. Oppositionsführer Michael Howard erklärte am Freitag im Rundfunksender BBC, Blair habe eine großartige Gelegenheit für eine große Reform des EU-Haushalts vermasselt.