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Kicken für Integration

26. Juli 2010

Zum zweiten Mal findet in Portugal eine "Integrations-WM" statt. Immigranten aus 16 Ländern wollen durch Fußball die Menschen zusammenbringen.

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Die deutsche "Nationalmannschaft" nimmt neben der angolanischen und brasilianischen Aufstellung (Foto Jochen Faget)
"Nationalmanschaften" stellen sich aufBild: Jochen Faget

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, haben sich die Organisatoren der zweiten portugiesischen "Integrations-WM" gesagt und nach dem großen Turnier von Südafrika ein kleines am Westende Europas angesetzt. "Fußball kann eben die Menschen zusammenbringen", versichert Turnierleiterin Cristina Archer, während Weltmeisterschaftslieder aus den Lautsprechern dröhnen. "Da findet Integration statt, werden Erfahrungen ausgetauscht und lernt man sich kennen."

Mannschaften aus Afrika, Südamerika, Europa und Asien treten gegeneinander an. Aus Angola zum Beispiel, aus Moldawien, aus Deutschland und aus China. Keine Profis, sondern Menschen, die seit Jahren in Portugal leben und arbeiten. Schließlich geht es um Integration.

Die deutsche "Nationalmannschaft". Links stehend Kapitän Jörg Ferch (Foto: Jochen Faget)
Deutsche Migranten machen sich für Integration starkBild: Jochen Faget

Naja, und – wie immer beim Fußball – ums Siegen. Jörg Ferch, der Kapitän der deutschen Mannschaft, hat klare Ziele gesetzt: "Wir spielen gegen Marokko, gegen Rumänien und gegen Kapverde. Ich weiß zwar nicht, wie stark die anderen Mannschaften sind. Ich denke aber, dass wir eine gute Truppe zusammengestellt haben. Ich denke, dass wir eine Runde weiterkommen müssten."

Vom Auswanderungs- zum Einwanderungsland

Der 40jährige Bundeswehr-Unteroffizier, der beim portugiesischen NATO-Hauptquartier Dienst tut und seit zwei Jahren in Portugal lebt, ist von der Idee des Immigranten-Fußballturniers begeistert: "Ich finde das Tournier eine Superidee. Insgesamt sind hier 16 Mannschaften, wahrscheinlich hätten sie noch mehr zusammenbekommen können. Das ist eine Supersache."

Aus dem einstigen Auswanderungsland Portugal ist nämlich längst ein Einwanderungsland geworden. Afrikaner, vor allem aus den portugiesischen Ex-Kolonien, leben schon in der zweiten und dritten Generation hier. Osteuropäer aus der Ukraine und Moldawien sind in den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts dazu gekommen. Und auch die Chinesen werden immer mehr.

Chinesische Ersatzspieler leiden auf Bank. Die Chinesen konnten kein Spiel gewinnen und mussten viele Tore kassieren. (Foto: Jochen Faget)
Spaß am Spiel - trotz NiederlagenBild: Jochen Faget

Während die Spieler stolz ihre Nationalhymne singen, erklärt Connie Lee, die Mannschaftsbetreuerin: "Die chinesische Gemeinde in Portugal ist noch immer ein bisschen verschlossen. Dieses Turnier soll ein erster Schritt für eine bessere Integration sein."

Hauptsache mitspielen

Dabei sein ist alles, meint auch Auswechselspieler Chen, während seine Mannschaft im ersten Spiel das 5:0 gegen Spanien kassiert. Seit 13 Jahren lebt er mit Frau und zwei Kindern in Lissabon, betreibt eine kleine Akupunktur- und Massageklinik. "Ich will gar nicht mehr wissen, wie es steht", kichert Chen. "Ich bin schließlich hier, um ein bisschen zu spielen und neue Freunde kennenzulernen."

Er fühle sich sehr wohl in Portugal, versichert Chen, trotz des Spielverlaufs gut gelaunt. Sicher wolle er irgendwann nach China zurück, aber nicht so bald. In zwanzig Jahren vielleicht, lacht er. Dann wird's ernst, der Innenverteidiger mit der Nummer vier wird eingewechselt.

Eine seltene Szene: Die Chinesen vor dem gegnerischen Tor. Hier im Spiel gegen Spanien, das 2:7 verloren ging (Foto: Jochen Faget)
Selbstbewußtsein hilftBild: Jochen Faget

"Ich bin der chinesische Xavi", sagt der kleine, untersetzte Mann, vergleicht sich mit dem Mittelfeldspieler des echten Weltmeisters Spanien, bevor er aufs Spielfeld dackelt.

Deutschland will weiter

Während die Chinesen 2:7 gegen die Spanier untergehen, freuen sich die Deutschen, weil sie gegen Marokko 6:1 gewonnen haben. Mannschaftskapitän Ferch bleibt trotzdem sachlich-nüchtern: "Im Durchschnitt sind die anderen Mannschaften 20 Jahre jünger. Wir müssen mal sehen, wie es wird."

Zunächst einmal wird es ein Heidenspaß, da sind sich alle Turnierteilnehmer einig. Trotz Temperaturen um die 35 Grad und einer satten deutschen 2:8 Niederlage im zweiten Spiel. Immerhin kann Deutschland es noch in die KO-Runde schaffen, während China inzwischen so gut wie ausgeschieden ist. Das Endspiel findet übrigens am 1. August statt. Und sowohl die Deutschen, als auch die Chinesen werden im nächsten Jahr wieder bei der "Integrations-WM" mitspielen. Nach dem Spiel ist also ganz sicher wieder einmal vor dem Spiel.

Autor: Jochen Faget
Redaktion: Fabian Schmidt