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Tagtägliche Bedrohung

Das Interview führte Mark Caldwell (sar)22. Februar 2008

Am Freitag (22.02.) ging in Neuseeland eine Konferenz für ein geplantes Verbot von Streubomben ergebnislos zu Ende. François de Keersmaeker, Geschäftsführer von Handicap International Deutschland, ist enttäuscht.

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Explodierende Streumunition auf einem Gehweg in Nis, Serbien.
Streubomben stellen eine dauerhafte Bedrohung darBild: Universität von Belgrad

In Wellington scheiterten die Delegationen aus mehr als 120 Staaten mit dem Versuch, sich auf die Eckpunkte eines Abkommens zu einigen, das den Einsatz, die Herstellung und die Lagerung von Streumunition ächtet. Intensive Verhandlungen auf der Schlusskonferenz im Mai in Dublin sind erforderlich, um sich doch noch zu einigen. François de Keersmaeker ist der Geschäftsführer von Handicap International Deutschland.

DW-WORLD.DE: Wieso war es so schwierig, sich auf ein Verbot dieser Waffen zu einigen?

De Keersmaker: Einige Länder scheinen keine wirklich gerade Linie zu verfolgen in ihrer Entscheidung oder ihrem Willen, diese Waffen zu verbieten. Sie schützen andere Interessen. Erstens besitzen sie selbst Streubomben und wollen die Möglichkeit aufrechterhalten, diese auch in Zukunft zu verwenden. Der andere Punkt ist, dass die Industrie in diesen Ländern auch Streubomben produziert. Folglich wollen sie die Möglichkeit haben, diese weiterhin herzustellen oder andere Lösungen zu finden, so dass die Industrie nicht unter solch einer Entscheidungen leidet.

Um welche Länder handelt es sich?

Kinder in Angola mit Flyern zur Aufklärung über Landminen, Quelle: Handicap International
Handicap International setzt sich für die Aufklärung über Landminen ein und kümmert sich um MinenopferBild: C. Badonnel/Handicap International

Es handelt sich um einige europäische Staaten, wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien, auch Japan ist darunter und Tschechien. Dies sind die Länder, die in Oslo und Wellington dabei waren, aber sich aber trotzdem nicht einem wirklichen Verbot, einem kompletten Verbot verschrieben haben. Ich rede gar nicht erst von den großen 'bad boys’, von den USA, China, Russland und Israel, die die größten Arsenale solcher Waffen besitzen. Sie sind bei der Konferenz in Wellington nicht mal erschienen.

Wenn es so viel Widerstand gibt, wie sind dann die Chancen dass in Dublin im Mai ein aussagekräftiger Vertrag unterzeichnet wird?

Wir hoffen, dass die europäischen Staaten, die ich genannt habe, ihren Standpunkt ändern werden, hin zu einer menschenfreundlicheren Sichtweise. Denn sie betonen ja ihre humanitäre Sichtweise. Sie wollen Streubomben verbieten, aber sie wollen Ausnahmen machen und Übergangszeiten zulassen. Wir verstehen das nicht: Wenn man sagt, dass die Streubomben ein Problem sind und unschuldige Menschen gefährden, warum sagt man dann "Wir können sie noch zehn Jahre behalten und noch mehr Zivilpersonen töten."?

Wieso ist es so dringend, diese Waffen so schnell wie möglich zu verbieten?

Wir konnten das in Israel beobachten, vor anderthalb Jahren im Krieg gegen den Libanon. Israel hat Streubomben in großen Mengen eingesetzt. "Handicap International“ räumt Minen im Südlibanon, wir mühen uns ab und wir finden jeden Tag hunderte nicht explodierter Streubomben. Diese bedrohen die libanesische Zivilbevölkerung tagtäglich. Und daher verstehen wir nicht, wie man es rechtfertigen kann, diese Waffen morgen oder übermorgen in einem Konflikt erneut einzusetzen.