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Eine Stimme für Pakistan

23. Mai 2010

In Berlin sprechen zwei pakistanische Menschenrechtlerinnen über die Situation in ihrem Land. Sie kämpfen für mehr Demokratie und ganz besonders gegen die immer noch alltägliche Unterdrückung von Frauen.

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Frauen in Pakistan: in vielen Bereichen benachteiligt (Foto: dpa)
Frauen in Pakistan: in vielen Bereichen benachteiligtBild: picture-alliance/dpa

Pakistan wird im Westen oft "das gefährlichste Land der Welt" genannt: Eine Atommacht im permanenten Konflikt mit dem Nachbarn Indien, der gleichfalls über Nuklearwaffen verfügt. Ein Land, das von Unruhen und Terror erschüttert wird, von Korruption und politischer Instabilität. Ein Land mit hoher Analphabetenrate und mit extremen Unterschieden zwischen Arm und Reich. Und dennoch gibt es in Pakistan Fortschritte, sagen Shama Mall und Beenish Farhan Hashwani, zwei pakistanische Menschenrechtlerinnen, die derzeit zu Besuch in Berlin sind.

In den vergangenen beiden Jahren habe das Land deutliche Schritte in Richtung Demokratisierung unternommen, erklären sie nicht ohne Stolz. Von besonderer Bedeutung sei, dass die Unabhängigkeit der Gerichte wiederhergestellt worden sei. "Das ist eine große Erleichterung, denn es bedeutet, dass die Menschen jetzt vor Gericht Recht und Gerechtigkeit bekommen können", sagt Hashwani. Außerdem habe die Nationalversammlung die Verfassung des Landes verändert, die Macht des Präsidenten beschnitten und die Rechte des Parlaments gestärkt.

Verschleierte Frauen bei einem Vortrag des damaligen pakistanischen Militärmachthabers Pervez Musharraf am 7.3.2002
Bild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Ein schwer zu durchbrechender Teufelskreis

Doch trotz dieser unbestreitbaren Verbesserungen dürfe man nicht ignorieren, dass es immer noch Menschenrechtsverletzungen gebe, die sich vor allem gegen religiöse Minderheiten und gegen Frauen richteten. Frauen hätten in Pakistan nach wie vor keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsfürsorge und Bildung. "Es ist ein Teufelskreis, der mit dem Tag ihrer Geburt beginnt", betonen die pakistanischen Menschenrechtlerinnen Hashwani und Mall.

Später erhielten die Frauen dann aufgrund ihrer fehlenden Bildung keinen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Die Verfassung gewähre ihnen zwar das Recht auf Eigentum, aber die patriarchalisch ausgerichtete Gesellschaft gestehe ihnen das nicht zu. Und so werde ihre Abhängigkeit im Lauf der Zeit immer größer.

Minderheiten besonders benachteiligt

Eine Mutter mit ihrer Tochter im Frauenhaus (Foto: dpa)
Eine Mutter mit ihrer Tochter im FrauenhausBild: picture-alliance/ dpa

Am schlimmsten sei die Lage der Frauen, die religiösen Minderheiten angehörten. Sie seien über die rechtlichen und sozialen Benachteiligungen hinaus weiteren Diskriminierungen ausgesetzt. Zum Beispiel durch das Blasphemiegesetz, das im Jahr 1985 unter dem damaligen Militärherrscher Zia ul Haq eingeführt wurde. "Das Gesetz besagt, dass derjenige mit dem Tod bestraft wird, der den Propheten beleidigt oder dessen auch nur beschuldigt wird", erläutert Shama Mall. Das Gesetz sei sehr vage gehalten und könne dazu missbraucht werden, persönliche Rechnungen zu begleichen und religiöse Minderheiten zu unterdrücken.

Nur 3,7 Prozent der 172 Millionen Pakistanis sind keine Muslime. Sie sind Christen, Hindus, Sikhs, Buddhisten, Parsen und Ahmadis. Die beiden größten Gruppierungen sind Christen und Hindus mit jeweils rund zweieinhalb Millionen Gläubigen.

Zwei Vorkämpferinnen in Berlin

Shama Mall und Beenish Farhan Hashwani gehören pakistanischen Nichtregierungsorganisationen an, die sich für Frauen und Minderheiten einsetzen. Mall befasst sich vor allem mit sozialer und politischer Veränderung in ihrer Heimat. Sie hat in Großbritannien studiert und ihre Master-Arbeit über die Teilnahme junger Menschen an der politischen Entwicklung in Pakistan geschrieben. Hashwani arbeitet seit acht Jahren im Bereich Entwicklung, sie befasst sich vorrangig mit Frauenthemen, mit Gesundheitsfragen und mit Aids-Aufklärung.

Die beiden jungen Frauen sind nach Berlin gekommen, um mit deutschen Politikern und NGOs über die Probleme in ihrer Heimat zu sprechen. "Wir repräsentieren die Zivilgesellschaft", sagt Mall. Zum Beispiel bei einem Treffen mit Mitgliedern des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Eine Delegation des Ausschusses werde demnächst nach Pakistan reisen. "Wir erwarten, dass diese Themen - die Menschenrechte und die Frauenfrage - bei dem Besuch behandelt werden."

Berlins Stimme hat Gewicht

Deutschland spiele eine einzigartige Rolle in Pakistan, fügt Mall hinzu. Denn Regierung und Parlament seien sehr engagiert und an der Stärkung der Zusammenarbeit interessiert. In Pakistan werde ihre Stimme gehört. Daher wäre es gut und richtig, wenn die deutsche Regierung von Pakistan verlangen würde, die Lage der Menschenrechte zu verbessern.


Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Esther Broders