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Eine orientierungslose Politik

23. März 2011

Es ist peinlich, es ist jämmerlich, es ist beschämend. Die Bundesregierung ist gerade dabei, das internationale Ansehen Deutschlands restlos zu verspielen, meint Bettina Marx.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Im Weltsicherheitsrat, in dem Deutschland so gerne einen ständigen Sitz hätte, enthält sich die Bundesregierung der Stimme, anstatt sich mit ihren Verbündeten für ein Flugverbot über Libyen einzusetzen. Die militärische Durchsetzung des Waffenembargos gegen Gaddafi überlässt sie anderen. Die deutschen Schiffe, die im Mittelmeer stationiert sind, werden genau in dem Moment abgezogen, wo man sie dort brauchen könnte.

Um den diplomatischen Schaden zu begrenzen und die Verbündeten an anderer Stelle zu entlasten, beteiligt man sich jetzt schnell an der Luftüberwachung Afghanistans mit AWACs-Aufklärungsflugzeugen. In aller Eile muss die Entsendung deutscher Soldaten nun durch das Parlament gebracht werden. Dabei war die Entscheidung, sie in AWACS-Aufklärern in Afghanistan einzusetzen, unabhängig von der Lage in Libyen schon längt gefallen und die Beschäftigung des Bundestages wäre ohnehin im April fällig gewesen.

Dieser unglaubliche Vorgang ist nach der 180-Grad-Wende in der Atompolitik ein weiteres Beispiel für die hektische und widersprüchliche Politik der Bundesregierung, der jede Orientierung und jede innere Kohärenz fehlt.

Kopfloser Zickzack-Kurs

Seit Beginn der schwarz-gelben Koalition im Jahr 2009 befindet sich die Politik auf einem kopflosen Zickzack-Kurs, sowohl in der Innen- als auch in der Außenpolitik. Alle paar Monate werden vorher getroffene Entscheidungen zurückgenommen.

Im Verhältnis zu den europäischen Partnern hat Bundeskanzlerin Angela Merkel einen konfrontativen Kurs eingeschlagen. In der Währungskrise hat sie sich als eiserne Kanzlerin präsentiert, die rücksichtslos deutsche Interessen vertritt und dafür bereit ist, die Solidarität zu opfern, die ein zentrales Gebot der europäischen Einigung ist.

Aber auch in internen Fragen hat sie es an Gespür fehlen lassen, zuletzt bei ihrer blinden Unterstützung für Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.

Besonders rückgratlos präsentiert sich aber derzeit die deutsche Außenpolitik. Seit Beginn der Protestbewegungen in der arabischen Welt wirkt die Bundesregierung unsicher und überfordert. Zuerst bringt sie es nicht fertig, den Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak zu fordern. Dann, als es der Demokratiebewegung am Nil gelingt, den vom Westen hofierten Diktator loszuwerden, stellt sie sich flugs auf die Seite der Demonstranten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle lässt sich erst in Kairo feiern und fordert dann mit emotionalen Worten Solidarität mit der Opposition in Libyen.

Deutschland lässt Verbündete im Stich

Schon hofft man, dass man in Berlin die Bedeutung der nahöstlichen Umsturzbewegung verstanden hat und die Freiheitskämpfer unterstützt. Doch als es darum geht, die geforderte und versprochene Solidarität umzusetzen und mit konkreten politischen und militärischen Maßnahmen zu untermauern, zieht sich Deutschland zurück und lässt die Verbündeten im Stich.

Augenscheinlich hofft die schwarz-gelbe Regierung, damit, bei den Wählern in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu punkten, die am nächsten Wochenende (27.03.2011) ihre Stimme abgeben. Doch auch diese Wähler, die eigentlich eine Landesregierung wählen, müssen sich fragen, welche Werte CDU/CSU und FDP in Berlin vertreten, welche Ziele ihre Politik hat und ob sie den schwarz-gelben Kurs ins außenpolitische Abseits honorieren wollen.

Noch zweieinhalb Jahre bis auch im Bund wieder gewählt wird. Bis dahin kann diese Bundesregierung noch viel weiteren Schaden anrichten.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Kay-Alexander Scholz