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Eine "Männertour" nach L'Alpe d'Huez

Thomas Klein, L'Alpe d'Huez25. Juli 2015

Die Tour de France lockt jedes Jahr Millionen Zuschauer an die Rennstrecke. Besonders beliebt ist der Anstieg nach L'Alpe d'Huez. Unzählige belagern den berühmten Berg, darunter auch eine Truppe aus Deutschland.

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Zuschauer verfolgen die 20. Etappe der Tour de Fance hinauf nach L'Alpe d'Huez (Foto: DW/T. Klein) Tour de France 20. Etappe Alp d’huez - Alp d’huez in Frankreich Zuschauer bei Alp d’huez
Bild: DW/T. Klein

Es wird lauter in der letzten Kurve des Anstieges zu L'Alpe d'Huez. Fahnen unterschiedlichster Nationen werden geschwenkt, es wird geschrien, tausende Finger zeigen in die Ferne. Dahin, wo die ersten Teamfahrzeuge, Motorräder und Fahrer noch sehr unscharf zu erkennen sind. Markus, Daniel und Matthias haben mittlerweile ihre mitgebrachte Decke verlassen und sich hingestellt. Die von der Werbekolonne verteilten Cappies, die zugegebenermaßen nicht besonders hübsch sind, haben sie ordnungsgemäß aufgesetzt, Markus hat eine Rassel ausgepackt.

Die drei Arbeitskollegen aus Aschaffenburg warten bereits seit neun Uhr in der Früh auf Quintana, Froome und Co. - einen Favoriten haben sie aber nicht, sie lieben einfach die Atmosphäre auf dem Berg. "Hier ist eine Wahnsinnsstimmung. Wenn das Peleton in den Berg fährt, ist hier der Teufel los", erzählt Markus, der vor zwei Jahren schon einmal bei der Alpenetappe dabei war. Besonders fasziniert sind sie aber von der friedlichen, entspannten Stimmung. "Es feiern einfach alle zusammen, egal aus welchem Land man kommt. Das ist einfach genial."

"Es gibt noch mehr als Fußball"

Martin (l.) und sein Sohn Nick (r.) bei der Tour de France (Foto: DW/T. Klein)
Auch Papa und Sohn machen eine "Männertour"Bild: DW/T. Klein

Genial ist auch das Wetter an diesem Tag. Gut 30 Grad sind es. Eine leichte Brise weht den Radsport-Fans in Kurve eins um die Nase. "Quintana hat einen Angriff gestartet und liegt vor Froome", informiert Martin seine Nachbarn auf der Naturtribüne. Der 45-jährige Triathlet ist mit seinem Sohn Nick hier und kommt aus Dortmund. "Es gibt nichts anderes als L'Alpe d'Huez", sagt er. Bereits 2013 waren die beiden hier, haben mehrere Tage im Auto geschlafen und sich das Spektakel angeschaut.

Dieses Mal wohnen sie im Hotel. Schon seit fünf Tagen saugen Martin und der siebenjährige Nick die Stimmung rund um den Berg auf. "Um die Leistung der Fahrer richtig würdigen zu können, muss man einfach länger hier sein", erzählt Martin. Zudem wollte der Dortmunder seinem Sohn einmal zeigen, dass es auch "noch mehr gibt als Fußball". Besonders angetan ist er von den entspannten Polizisten, die auf der Strecke für Ordnung sorgen. "Bei einem Fußballspiel gibt es fast immer Ärger und es sind hunderte Polizisten in Alarmbereitschaft, hier trinkt die Gendarmarie auch mal ein Bier mit den Fans", lacht er.

"Schon um sieben aufgestanden"

Deutsche Fans bei der Tour-Etappe nach L'Alp d’Huez (Foto: DW/T. Klein)
Die Fans üben sich in Geduld und werden belohntBild: DW/T. Klein

Die Fans auf dem Berg werden nun aufgeregter, die Stimmung steigt im Minutentakt. Die Ausreißer kommen immer näher und erste Rechenspiele werden angestellt. "Toll, dass Quintana es noch einmal versucht, auch wenn es am Ende wahrscheinlich nicht reichen wird", lobt Daniel den Versuch des Kolumbianers Christopher Froome doch noch das Gelbe Trikot abzunehmen. Quintana wäre der sympathischere Sieger, da ist sich die Gruppe einig.

Auch Christian stimmt dem zu. Der 33-Jährige kommt aus Marburg und ist bereits mehrere Tage in Frankreich unterwegs, mit dem Rad versteht sich. "Ich bin heute schon um sieben Uhr aufgestanden. Ich wollte den Anstieg unbedingt unter einer Stunde schaffen", sagt er. "Am Ende hat es 59 Minuten gedauert - ich bin zufrieden."

"Allez, allez, allez"

Fans feuern Nairo Quintana an (Foto: DW/T. Klein)
Der Liebling ist gefunden: Nairo Quintana wird angefeuertBild: DW/T. Klein

Die Radprofis kämpfen sich etwas schneller den berühmten Anstieg hinauf. Der Franzose Thibaut Pinot ist der erste Fahrer, der um die Ecke biegt. An eine gepflegte Unterhaltung ist jetzt nicht mehr zu denken. Tausende Fans brüllen den Radprofi nach vorne, feuern ihn lautstark an. Wenig später passiert Quintana die Naturtribüne. "Allez, allez, allez" - auch die deutschen Fans tun alles, um den südamerikanischen Bergfloh zu pushen. Am Ende wird er Zweiter, Froome behält das Gelbe Trikot und gewinnt die Tour de France.

"Ein fantastisches Erlebnis" geht zu Ende. Baguette, Wurst, Käse und die letzten Kaltgetränke werden eingepackt. "Morgen geht es zurück nach Hause", sagt Markus. Dann geht die dreiwöchige "Männertour", wie es die Aschaffenburger nennen zu Ende. Das Finale in Paris werden sie im Fernsehen oder Radio mit verfolgen. Schlimm ist das nicht, denn den "Mythos L'Alpe d'Huez" haben sie hautnah erlebt und genossen. Eine echte "Männertour" eben - Campen, Grillen, Radfahren und Feiern. Am Montag folgt dann die nächste Etappe, allerdings mit dem Auto. Dann geht es wieder zur Arbeit.