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Politik

Eine Mahnwache für mehr Pressefreiheit

Daniel Derya Bellut
15. März 2017

Vor genau einem Monat wurde Deniz Yücel in der Türkei festgenommen. In Flörsheim, der Heimatstadt des deutsch-türkischen Journalisten, wollte man das Datum nicht einfach so verstreichen lassen. Daniel Bellut berichtet.

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Demonstranten in Flörsheim bekunden Solidarität mit Deniz Yücel
Die Flörsheimer bekunden Solidarität mit Deniz Yücel Bild: DW/D. Bellut

Flörsheim ist eine Kleinstadt, gerade mal etwas mehr als 20.000 Einwohner zählt die Ortschaft zwischen Frankfurt am Main und Mainz. Hier kennt man sich. Und hier kennt man Deniz Yücel. Seit genau einem Monat sitzt der Korrespondent der "Welt" in der Türkei in Haft, wegen angeblicher Propaganda für eine terroristische Vereinigung.

"Wir wollen eine Öffentlichkeit herstellen"

Rund 100 Flörsheimer haben sich an diesem Abend vor ihrer Stadthalle versammelt, um gegen die Inhaftierung von Deniz Yücel zu protestieren und dessen Freilassung zu fordern. Der Magistrat der hessischen Kleinstadt hatte zu der Mahnwache aufgerufen.

Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) ist einer der Initiatoren der Veranstaltung. Er kennt Yücel persönlich, hat den inhaftierten Journalisten einige Male getroffen. Auf dem Platz vor der Stadthalle hält er eine Ansprache: "Die Idee ist es, hier ein Zeichen für freien Journalismus und Meinungsfreiheit zu setzen. Wir fühlen uns der Türkei besonders verbunden, da wir eine Städtepartnerschaft dort haben. Heute wollen wir eine Öffentlichkeit herstellen und darauf hinweisen, dass Deniz Yücel widerrechtlich in der Türkei festgehalten wird."

Kein Kommentar aus Sorge um den Sohn

Der deutsch-türkische Journalist ist in Flörsheim geboren und hat seine Kindheit dort verbracht. Auch seine Eltern nehmen an der Mahnwache teil. Sie wollen sich aber nicht äußern, denn zu groß ist die Sorge, dass dies gegen ihren Sohn verwendet werden könnte. Yücels Schwester Ilkay hat ihren Bruder erst vor einer Woche im Gefängnis besucht. "Es freut mich sehr, dass man sich hier in Deutschland so sehr mit ihm solidarisiert und dass man nicht alleine gelassen wird. Ich habe die Hoffnung, dass der Druck der Öffentlichkeit etwas bewirken wird."

Bürgermeister von Flörsheim, Michael Antenbrink (SPD)
Michael Antenbrink: Zeichen für freien Journalismus und Meinungsfreiheit setzenBild: DW/D. Bellut

Auch Bekannte des inhaftierten Journalisten haben sich unter die Leute gemischt. Eine Schulfreundin des Welt-Redakteurs trägt ein Schild mit der Aufschrift "Free Deniz". Sie sagt: "Deniz war während der Schulzeit in meiner Clique. Als ich erfahren habe, dass er in Haft ist, war ich geschockt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas verbrochen hat."

Sorge um die Freiheit in der Türkei

Einige Teilnehmer kennen Yücel nicht persönlich, sind aber besorgt um die Entwicklung der Türkei. Eine ältere Dame sagt:  "Ich bin erstens hier, um mich mit Deniz zu solidarisieren. Zweitens möchte ich für Freiheit in der Türkei ein Zeichen setzen. Ich finde es bedenklich, dass Richter, Journalisten und Staatsanwälte einfach so eingebuchtet werden. Das ist doch dramatisch."

Demonstranten in Flörsheim
Besorgt um die Pressefreiheit in der Türkei: Demonstranten in Flörsheim Bild: DW/D. Bellut

Es ist nicht die erste Solidaritätsbekundung dieser Art in der Stadt am Main. Am Wochenende organisierten Flörsheimer einen Autokorso, rund 130 Teilnehmer fuhren hupend durch die Ortschaft. Auch die Kommunalpolitik hat sich bereits für Yücel engagiert. Alle Fraktionen des Flörsheimer Magistrats unterzeichneten eine gemeinsame Resolution zur sofortigen Freilassung des Journalisten.

Polizeigewahrsam nach freiwilliger Befragung

Deniz Yücel hatte sich am 14. Februar freiwillig der Polizei in Istanbul zur Befragung gestellt und war daraufhin in 13-tägigen Polizeigewahrsam genommen. Zurzeit befindet er sich in Untersuchungshaft.

Dem Reporter wird Terrorpropaganda und Aufwiegelung des Volkes vorgeworfen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete den Journalisten gar als "Agenten" der deutschen Regierung. Yücel hat die Anschuldigungen zurückgewiesen.