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Eine kleine Dosis Zuversicht

Nina Werkhäuser, Berlin22. Oktober 2015

In Berlin liefen an diesem Donnerstag alle diplomatischen Fäden zusammen: Der Nahost-Konflikt stand im Mittelpunkt hochrangiger Gespräche. Am Ende gab es zumindest einen kleinen Hoffnungsschimmer.

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Bundesaußenminister Steinmeier mit seinem US-Amtskollegen John Kerry (l.), Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Als US-Außenminister John Kerry (im Bild links) im Auswärtigen Amt ans Rednerpult tritt und sein Statement abgeben will, da bricht ihm kurz die Stimme weg. Das komme vom Flug, murmelt er heiser, während der deutsche Außenminister Steinmeier ihm eilig ein Glas Wasser einschenkt. Und davon, dass er heute schon so viel geredet habe, entschuldigt sich der US-Chefdiplomat. Und zwar mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, mit dem Kerry am Morgen in einem Berliner Hotel zusammengetroffen ist. "Mehrere Stunden lang" habe er mit Netanjahu gesprochen. Kerry sagt das mit einem Gesicht, das erahnen lässt, dass er mit Netanjahu nicht nur geredet, sondern auch auf ihn eingeredet hat.

Die jüngste Gewalteskalation im Nahen Osten und die rhetorische Härte des israelischen Ministerpräsidenten haben westliche Diplomaten aufgeschreckt. So hatte Netanjahu Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas während seines zweitägigen Berlin-Besuchs der Hetze gegen Israel und der Lüge bezichtigt. Es stimme nicht, dass Israel den Status Quo am Tempelberg in Jerusalem verändern wolle, der Muslimen und Juden heilig ist. Der Streit darüber hat die jüngste Gewaltwelle ausgelöst, bei der seit Anfang Oktober fast 50 Palästinenser und zehn Israelis getötet wurden.

Kerry sieht eine Chance

Nun scheint zumindest ein kleiner Funken Hoffnung aufzuglimmen. Nach seinem langen Gespräch mit Netanjahu gab sich Kerry "vorsichtig optimistisch", dass es Lösungsansätze gebe. Ins Detail wollte er nicht gehen, er erklärte nur, dass er die Vorschläge mit dem jordanischen König Abdallah besprechen werde, dem Hüter der heiligen Stätten der Muslime auf dem Tempelberg. Und natürlich auch mit Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas. Beide wird der US-Außenminister am Samstag treffen. Er habe den Eindruck, dass die Beteiligten an einer Lösung interessiert seien, sagte Kerry vorsichtig. Beide Seiten müssten jetzt alles tun, ergänzte Steinmeier, um den Konflikt über die Nutzung des Tempelbergs zu entschärfen. Dazu sei zuallererst eine rhetorische Abrüstung nötig, forderte die EU-Außenbeauftragten Francesca Mogherini, die ebenfalls Gespräche in Berlin führte. Am Freitag wird sie in Wien an einem Treffen des Nahost-Quartetts teilnehmen, in dem die USA, Russland, die EU und die Vereinten vertreten sind.

Keine Lösung für Syrien

Parallel dazu gehen die diplomatischen Bemühungen zur Lösung des Syriens-Konflikts weiter: Kerry trifft am Freitag in Wien mit den Außenministern Russlands, Saudi-Arabiens und der Türkei zusammen. Einer Lösung stehe allein der syrische Machthaber Baschar al-Assad im Wege, erklärte der US-Außenminister in Berlin. Eine Kritik, die sich unmissverständlich auch an Russland richtete: Der syrische Präsident war am Dienstag überraschend zu einem Besuch nach Moskau gereist, um seinem Verbündeten Waldimir Putin für dessen Hilfe zu danken.

Der russische Präsident Putin (r.) empfängt den syrischen Machthaber Assad im Kreml, Foto Reuters
Verbündete: Der russische Präsident Putin (r.) empfängt den syrischen Machthaber Assad im KremlBild: Reuters/RIA Novosti/Kremlin/A. Druzhinin

Russland greift seit Ende September militärisch in den Konflikt ein und unterstützt Assads Truppen mit Luftschlägen. Für Steinmeier ist klar: "Die Lösung ist mit dem russischen Auftritt in Syrien ganz ohne Zweifel noch einmal komplizierter geworden." Er begrüßte es aber, dass die USA dennoch mit Russland im Gespräch bleiben, wenn auch zunächst nur auf der Ebene der Militärexperten.

Ein jedes Gespräch, das war am Donnerstag in Berlin zu spüren, markiert einen neuen Versuch, den Zerfall Syriens zu verhindern und den langen Krieg endlich zu beenden. Greifbare Ergebnisse waren nicht zu vermelden, wohl aber weitere Treffen und Initiativen. Denn, wie Francesca Mogherini es diplomatisch formulierte: "Von alleine wird es auch nicht besser, also müssen wir weiter daran arbeiten."