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Weißrussland

20. Dezember 2010

Die Regierung von Präsident Alexander Lukaschenko hat die Proteste der Opposition wegen Wahlbetrugs brutal niedergeschlagen. Etwas Anderes hätte man von Lukaschenko kaum erwartet, meint Daniel Scheschkewitz.

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EIn offener Füller und der Schriftzug für das DW-Themenbild Kommentar (Foto: DW)
Bild: DW

Wer in Weißrussland auf eine nachhaltige Demokratisierung gehofft hatte, sieht sich getäuscht. Eiskalt und mit brutaler Härte hat das Regime des unumschränkten Alleinherrschers Alexander Lukaschenko die Proteste der Opposition gegen den Wahlausgang niederschlagen lassen. Hunderte von Demonstranten in der Hauptstadt Minsk wurden von den Schergen des Regimes verprügelt und anschließend verhaftet, darunter auch ein Teil jener Kandidaten, die Lukaschenko ganz offensichtlich nur dazu dienten, das Feigenblatt des Pluralismus vor den Urnengang zu hängen.

Ausgang der Wahl von vornherein nicht angezweifelt

Daniel Scheschkewitz (Foto: DW)
Keine Toleranz gegenüber Lukaschenko, meint Daniel ScheschkewitzBild: DW

Schon der Verlauf der Wahl hatte Anlass zu Empörung gegeben. Die Befragungen von Wählern zu ihrem Stimmverhalten, sogenannte Exit Polls, wurden veröffentlicht, noch bevor die Wahllokale geschlossen hatten. Durch eine über eine ganze Woche mögliche Stimmabgabe in vielen Wahllokalen war der Manipulation Tür und Tor geöffnet. Mag sein, dass Lukaschenko die Wahlen aufgrund der Sympathien, die er bei großen Teilen der Landbevölkerung genießt, auch so gewonnen hätte. Aber durch sein brutales Vorgehen gegen die Opposition hat er sich erneut als das erwiesen, was er Zeit seiner Herrschaft immer war: Europas letzter Diktator, der jedes Aufbegehren gegen seinen totalitären Regierungsstil mit systematischer Unterdrückung bestraft.

Lukaschenko darf dabei auf die stillschweigende Tolerierung des großen Bruders in Moskau hoffen. Der russische Regierungschef, Wladimir Putin, gilt zwar nicht als ausgesprochener Freund Lukaschenkos, aber seine gelenkte Demokratie erweist sich als treuer Verbündeter für alle Politiker im Machbereich der alten Sowjetunion, die sich westlicher Einflussnahme zu widersetzen wissen.

Wie geht man mit Lukaschenko um?

Die Europäische Union und der Westen befinden sich nun in einem Dilemma. Bestrafen Sie Lukaschenko und seinen Unterdrückerstaat mit Sanktionen wird sich Moskau nur die Hände reiben. Setzt man die Politik des kritischen Dialogs der letzten Jahre fort, macht man sich moralisch angreifbar. Eine einfache Antwort gibt es nicht. Das zeigt auch das Beispiel der Ukraine, wo nicht zuletzt durch das ungeschickte Vorgehen des Westens die moskaufreundlichen Kräfte inzwischen die Oberhand gewonnen haben.

Demonstrationen und Ausschreitungen in Minsk (Foto: AP)
Proteste und Demonstrationen in MinskBild: DW

Totalitäre Gesellschaften entwickeln oft ein erstaunliches Beharrungsvermögen und aus erprobten Alleinherrschern werden selten über Nacht lupenreine Demokraten. Europas Solidarität muss nun den verhafteten Oppositionellen gelten. Wo eine Zivilgesellschaft derart brutal unterdrückt wird, muss Europa Flagge zeigen. Der Dialog mit Lukaschenko hat sich als Trugschluss erwiesen.

Autor: Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Nicole Scherschun