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Eine Frau sieht grün

Cornelia Rabitz25. Juni 2012

Sie ist ein Stadtmensch, liebt die Nähe zu Theater, Kino und Kneipe. Trotzdem bestimmen Jäten, Harken, Pflanzen auf einmal die Wochenenden unserer Autorin: sie hat jetzt einen Acker.

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Kartoffelfeld beim Biobauern (Foto: DW)
Bild: DW

Nein, mein Mann und ich, wir haben keinen Schrebergarten! Wir haben keinen Spaß an kurz geschnittenem Rasen, korrekten Hecken, und – Fußball hin oder her - an aufgepflanzten deutschen Fahnen. Wir sind lediglich dabei, uns ein übersichtliches Stück Land untertan zu machen. Das klingt einfacher als es ist. Der stete Kampf gegen Brennnesseln, Disteln, Kartoffelkäfer und sonstiges Ungemach ist hart, er verlangt Disziplin und Gummihandschuhe.

Arbeit im Gemüsebeet (Foto: DW)
Das Unkraut besiegen - auf dem FeldBild: DW

Alles begann mit einem Zeitungsbericht über gärtnernde Großstädter – da fanden auch wir plötzlich unseren Balkon zu klein. Flugs haben wir uns übers Internet ein Projekt in der Nähe gesucht und wurden fündig: Zehn Kilometer außerhalb von Bonn bietet "Biobauer Palm" größere Beete (anders gesagt, kleinere Äcker) zum Pachten für Hobbygärtner an. Anmeldung elektronisch, erste biobäuerliche Zusammenkunft an einem trüb-braunen Wintertag. Einige der etwa 150 Großstadtmenschen schienen besonders daran interessiert, ob denn auch Zäune errichtet würden.

Die aber gibt es nicht, sondern nur Trampelpfade zwischen den Landstücken, die wir selbst in den frühlingsfeuchten Boden stampfen mussten – in Turnschuhen. Eine längere häusliche Diskussion darüber, ob es nun ratsam sei, sich gartengrüne oder geblümte Gummistiefel für das neue Hobby anzuschaffen, war ergebnislos geblieben. Es folgte eine Zeit froher Erwartung und das Studium diverser Gartenbücher. Das Land war vom Bauern vorbereitet, erste Gemüsesorten eingesät worden. Die Beete haben übrigens Namen. Sie heißen "Rosenkohl-Kolonie", "Wims Rentenacker", "20 Köstlichkeiten" oder, ganz vornehm, "Versailles". Wir waren nicht so phantasievoll. Unser Acker heißt wie ich: "Cornelia".

Kiste mit Salat (Foto: DW)
Schöne Köpfe: Der erste selbst gezogene SalatBild: DW

Nicht nur digital, sondern auch real ist alles bestens organisiert: Gartengeräte und Wassertank finden sich in einem Holzhäuschen auf der so genannten "Gemeinschaftsfläche". Ein Mal pro Woche ist Gärtnersprechstunde, regelmäßig bekommen wir Newsletter mit Tipps fürs Pflanzen und Vorschlägen, wie die zu erwartende Gemüsefülle kulinarisch am besten zu bewältigen ist.

Ende April: Startsignal! Wir ziehen zum ersten Mal hoch gestimmt aufs Feld. Seither sind wir dort zwei bis drei Mal pro Woche. Es ist immer was los. Rechts von uns ackert eine Kochgruppe, die die Ernteprodukte gemeinsam verzehrt. Babies werden in Tragekörben im Acker abgestellt, Kinder kommen mit Eltern oder Großeltern hierher – ja, gärtnern ist auch ein pädagogisches Programm - links wird das erste sehr korrekt aussehende Gerüst aus Bohnenstangen errichtet, weiter drüben sind Tomatenpflanzen unter weißen Plastikmäntelchen aufgestellt. Zupfen, jäten, hacken überall – während wir Anfänger immer wieder rätseln, ob es sich bei diesem doch recht scheußlich aussehenden Spross nun um eine hoffnungsvolle Gemüsepflanze handelt oder um ein ausrottenswertes Kraut.

Frisch geerntete Rettiche auf dem Feld (Foto: DW)
Hart und holzig: Ab auf den Kompost!Bild: DW

Und dann, die erste Ernte: krumme, aber leckere Radieschen, wunderbar gewachsene Salatköpfe, Spinat und Mangold! Wir sind euphorisch und pflanzen auf die freien Flächen gleich etwas Neues. Exotische Dinge wie Pepperoni oder Fenchel. Leider hat sich inzwischen herausgestellt, dass wir offenkundig einige schöne Feldblumen sozusagen im Keim vernichtet haben. Hüben und drüben blüht es mittlerweile recht bunt, bei uns herrscht feldbraun am Ackerrand. Unsere gärtnerische Hochstimmung aber trübt das nicht wirklich. Und der Sommer in seiner ganzen Fülle, der kommt ja erst noch. Hoffentlich.