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Recht und Moral

Peter Philipp26. Januar 2009

US-Präsident Obama will das umstrittene Gefangenenlager Guantanamo 'so schnell wie möglich' schließen - doch wohin mit den Häftlingen? Auch nach Deutschland? Peter Philipp kommentiert:

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Bild: DW

Es ist eine Frage von Recht, Moral und menschlichem Anstand, gleichzeitig aber auch von Angst, Empörung und einer gehörigen Portion Selbstgerechtigkeit: Da hat Europa nun seit Jahren das amerikanische Gefangenlager in Guantánamo kritisiert, aber nichts dagegen getan. Und wenn jetzt der neue US-Präsident Barack Obama ankündigt, das Lager zu schließen, dann stürzt man in Verlegenheit, weil man gefordert sein könnte, einen Beitrag zu leisten. Nämlich: Einige der Gefangenen aufzunehmen.

Widerrechtliche Praxis

Peter Philipp (Foto: DW)
Es kommentiert: DW-Experte Peter Philipp

Im Laufe der sieben Jahre seiner Existenz hat Guantánamo 800 Häftlinge gesehen. Sie waren von den Amerikanern aus aller Welt hierher gebracht worden, die in diesen Leuten den harten Kern des weltweiten Terrorismus sahen. Schon die Verbringung in die US-Enklave auf Kuba war in den meisten Fällen widerrechtlich. Die Inhaftierung ohne Prozess erst recht, die Behandlung der Gefangenen allemal. Und zwar nicht erst, wenn sie gefoltert wurden. All dies war weder juristisch, noch moralisch oder menschlich vertretbar. Die bisherige US-Regierung brachte aber alle möglichen fadenscheinigen Rechtfertigungen vor, warum die Internierung in Guantánamo sogar in weltweitem Interesse sei.

Keine Abschiebung möglich

Menschenrechtsorganisationen und schließlich auch fremde Regierungen protestierten jedoch immer lautstärker gegen die Praktiken der USA und mit der Zeit kamen zahlreiche Gefangene wieder frei und wurden in ihre Heimatländer zurückgeschickt, wo nicht wenige von ihnen dann erneut festgenommen wurden. Übrig sind heute 250 Gefangene, unter ihnen 60, die selbst von den USA als unschuldig bezeichnet werden, die aber nicht in ihre Heimatländer abgeschoben werden können, weil ihnen dort auch erneute Haft, möglicherweise sogar die Todesstrafe droht. Um sie geht es nun in erster Linie bei der Diskussionen der Europäer, ob man Guantánamo-Gefangenen Aufnahme gewähren soll oder nicht.

Asyl mit Sicherheitsüberwachung

Und nun hat man plötzlich ein großes Problem damit: Was zum Beispiel, wenn diese Leute vielleicht doch Terroristen sind? Immerhin wurde gerade bekannt, dass nach Saudi-Arabien entlassene Guantánamo-Häftlinge trotz dortiger Re-Integrationskurse inzwischen im Jemen als führende Al Qaida-Vertreter aufgetaucht sind. Soll man sich ähnliche Fälle jetzt nach Europa holen und ihnen hier Asyl gewähren mit gleichzeitiger Sicherheits-Überwachung? Das wäre den Bürgern schwer oder gar nicht vermittelbar. Sollen doch die USA sich um diese Leute kümmern, lautet deswegen die gleichermaßen empörte wie selbstgerechte Forderung derer, die die Idee ablehnen.

Neue Heimat USA?

Stimmt: Die USA tragen in erster Linie die Verantwortung für das Schicksal dieser Menschen. Und die USA sollten auch ihren Beitrag leisten, ihnen einen neuen Start in ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Kann das aber in den USA sein? Nach all dem Unrecht, das diese den Häftlingen angetan haben? Wohl kaum. Zumindest ist es nicht vorstellbar, dass ein Häftling gezwungen werden sollte, nun den Rest seines Lebens in den USA zu verbringen.