Zitronenkarneval in Menton
19. Februar 2009Es brodelt in den Straßen Mentons an der Cote d'Azur: Viele Menschen strömen zum "Corso", zum Karnevalsumzug an der Strandpromenade. In den Biovès-Gärten am Rande der Umzugsroute ragen russische Babuschka-Puppen in gelb und orange in den Himmel, daneben ein Raddampfer aus Louisiana, das "Moulin Rouge" und ein argentinischer Tango-Pavillon – alle mit Zitronen und Orangen umhüllt. Das Thema der "Fête du citron" ist in diesem Jahr die Musik aus aller Welt.
Seit 74 Jahren gibt es Zitronenfiguren
Der 74-jährige Emile studiert mit gerunzelter Stirn die Riesenskulpturen. Früher sei das Fest nicht so großartig wie heute gewesen, erzählt er. In seinen Anfängen 1929 seien in einem Garten Orangen- und Zitronenbäume ausgestellt worden. "Später hat man aus den Zitrusfrüchten Skulpturen gemacht. Und seit 1934 gibt es die Umzüge mit Figuren aus Zitronen und Orangen, seitdem heißt das Ganze 'La fête du citron'", sagt er.
Emile gefällt es – für ihn ist nichts zu großartig, um die Zitrone zu feiern: Sie ist das Wahrzeichen von Menton, weil hier dank des milden Klimas die besten Zitronen der Welt wachsen. Das sagen jedenfalls die Einheimischen und auch französische Sterneköche wie Bocuse und Ducasse, die auf "Le citron de Menton" schwörten, behauptet Emile.
Buntes Durcheinander in Menton
Der Umzug startet und auch Emile drängt sich nach vorne, um einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Überdimensionale brasilianische Trommeln – mit Zitrusfrüchten umhüllt - kommen angerollt, gefolgt von tanzenden Brasilianerinnen, die mit Federn geschmückt sind. Dahinter kommen orientalische Tänzerinnen, mit wendigen Bäuchen und vielen kleinen Glöckchen und Schellen an den Hüften, Russen mit Pelzmützen und wilden Bärten und temperamentvolle Flamenco-Tänzerinnen.
Hinter den überlebensgroßen Skulpturen steckt viel Arbeit. "All diese Gummibänder anzubringen, mit denen die Zitronen und Orangen an den Metallstrukturen befestigt sind" – das sei beeindruckend, sagt ein französischer Zuschauer. Wunderschön findet ein Italiener den bunten Umzug – "aber zu viele Menschen drängten sich auf der Straße. Man konnte kaum was sehen. Die Organisation ließ ein bisschen zu wünschen übrig".
Drei Wochen Ausnahmezustand
Es ist eine günstige Fügung, die Zitronenreife und die Karneval-Umzugszeit zu einem Ereignis zusammenschmelzen ließ, das heute auf der ganzen Welt bekannt ist: Knapp 250.000 Menschen reisen jedes Jahr zur "Fête du Citron" – die volle drei Wochen dauert. Wenn auf den deutschen Karnevals-Schauplätzen längst wieder Ruhe eingekehrt ist, macht Menton noch eine ganze Weile weiter: Umzüge, Lichterspektakel, Konzerte und Fanfaren gibt es dort noch bis zum 4. März!