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Eine App fürs Babysitten

Andrea Rönsberg / ch10. Februar 2016

Suchen Sie einen Partner? Eine Unterkunft? Eine Pizza? Für fast alle Bedürfnisse gibt es inzwischen eine App. In Belgien kann man mit einer mobilen Applikation jetzt auch Kinderbetreuung organisieren.

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AirBsit-App auf Smartphone (Foto: AirBsit)
Bild: AirBsit

In der Bäckerei in ihrer Nachbarschaft fand Geraldine Biebuyck einen Zettel mit der Telefonnummer des Mädchens, die schließlich zur Babysitterin ihrer Familie wurde. Der gute, alte Zettel, das passt nicht gerade zum 21. Jahrhundert, dachte sich Biebuyck. Und ihre Freundin Donatienne van Houtryve, die ebenfalls arbeitet und Kinder hat, fand das auch.

"Es müsste eigentlich eine App dafür geben, meinten wir, wir konnten nicht glauben, dass es noch keine gab", sagt Biebuyck. "Und eines Tages sagte Donatienne: 'Wenn es kein anderer macht, dann eben wir.'" Im November 2015 starteten Biebuyck und van Houtryve airBsit, und seitdem haben 22.000 Benutzer die App heruntergeladen, sowohl Eltern als auch Babysitter. Die Brüsseler Tageszeitung "Le Soir" ernannte die beiden Frauen aufgrund ihrer Erfindung zu "Brüsseler Bürgerinnen des Jahres".

"Große Nachfrage"

AirBsit-App auf Smartphone (Foto: AirBsit)
"Jeder hat heute ein Smartphone", sagt Biebuyck. Deshalb gibt es den Dienst nur als AppBild: AirBsit

Wie viele andere Apps funktioniert airBsit, indem sie Nachfrage und Angebot zusammenbringt. Eltern können sich informieren, welche Babysitter schon für Freunde gearbeitet haben, sie können ihren Lieblingsbabysitter für eine bestimmte Zeit anfordern und angeben, wie viel sie für die Stunde zu zahlen bereit sind. Dann bekommen die Babysitter die Anfrage und können mit ein paar Klicks annehmen oder ablehnen.

Obwohl man die App gratis herunterladen kann, bezahlen Eltern airBsit 25 Prozent des Babysitter-Stundenlohns. Wenn also der angefragte Babysitter die im Moment üblichen acht Euro pro Stunde fordert, zahlen die Eltern einen Beitrag von zwei Euro für die Vermittlung.

In Belgien geht ein hoher Anteil von Müttern einer Erwerbsarbeit nach. Nach Zahlen der OECD sind es 72 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 69 Prozent, in Großbritannien 66 Prozent. Hinzu kommt, dass in Belgien viele Mütter Vollzeit arbeiten. In rund 40 Prozent aller belgischen Haushalte mit Kindern arbeiten beide Eltern Vollzeit, während es in Deutschland nur 20 Prozent sind.

"Die Familien brauchen Betreuer, die die Kinder vom Kindergarten oder der Schule abholen und sich um sie kümmern, bis die Eltern von der Arbeit zurückkommen", sagt Dominique Leconte, die den Babysitterdienst der Elternorganisation Lique des Familles leitet.

"Es gibt auch einen großen Bedarf an Babysittern, die teilweise schon um vier Uhr morgens Familien unterstützen müssen, um Kinder für Kindergarten und Schule fertigzumachen und dort hinzubringen, während die Eltern schon auf dem Weg zur Arbeit sind", so Leconte.

Ganz 21. Jahrhundert

Biebuyck und van Houtryve wussten, wie schwierig es ein kann, einen vertrauenswürdigen Babysitter für die eigenen Kinder zu finden. Sie hatten sich die Aushänge in der Bäckerei und im Supermarkt angesehen, hatten die sozialen Medien durchforstet und Freunde befragt. Das hat auch funktioniert, doch die beiden Frauen fanden das Vorgehen umständlich.

Biebuyck und van Houtryve (Foto: AirBsit)
Eine Zeitung hat Biebuyck (links) und van Houtryve zu Bürgerinnen des Jahres gekürtBild: AirBsit

"Wir wollen die Suche schnell, effizient und einfach machen", so Biebuyck, "aber zur Grundidee gehörte auch, dass befreundete Eltern sich untereinander über Babysitter austauschen." AirBsit teilt Babysitter in drei Gruppen ein: diejenigen, mit denen man schon einmal zusammengearbeitet hat, solche, die schon bei Freunden waren, und solche, die in der Nachbarschaft wohnen.

Dieses Vorgehen gefällt dem vierfachen Vater Pierre. Er und seine Frau arbeiten beide Vollzeit, meist fragen sie Nichten und Neffen, wenn sie eine Kinderbetreuung brauchen. "Aber ich finde es gut, dass ich Babysitter, die schon für Freunde von uns gearbeitet haben, auf einer Art Warteliste auf der App habe", sagt Pierre.

"Ich finde auch den Arbeitsablauf gut", fügt Pierre hinzu. "Normalerweise muss man einen Babysitter nach dem anderen fragen, ob er oder sie kann. Per App geht das viel effizienter."

Keine Sicherheit?

Dominique Leconte von Ligue des Familles vermisst bei airBsit allerdings eines: "Diese Apps helfen dabei, dass Angebot und Nachfrage zusammenkommen. Was sie nicht bieten, ist Sicherheit." Die mitgliederbasierte Liga schult Babysitter und bürgt für sie, bevor diese ihre Dienste auf der Webseite der Liga anbieten dürfen.

"Im Moment prüfen wir niemanden", sagt Biebuyck und fügt hinzu, dass airBsit vielleicht in Zukunft eine Art Training einführen wird. Für den vierfachen Vater Pierre ist das aber gar nicht nötig. "Die Tatsache, dass die App meine Freunde oder andere Kontakte als Empfehlung nutzt, reicht mir als Garantie."