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Eine Aids-Waise aus Kenia

8. Dezember 2009

Über 12 Millionen Kinder leben in Afrika als so genannte AIDS-Waisen. Sie haben mindestens einen Elternteil durch die tödliche Immunschwächekrankheit verloren. David Owiti aus Kenia ist ein solches Waisenkind.

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David Owiti mit seinem Großvater (Foto: Jan-Philipp Scholz)
David Owiti mit seinem GroßvaterBild: DW

Halb sechs Uhr morgens. Es ist dunkel und fast alle Bewohner des kleinen kenianischen Dorfes Alwala sind noch im Bett. Doch David Owiti ist schon seit über einer halben Stunde auf den Beinen und beginnt seine Feldarbeit. Der Pflug und die Ochsen sind Erbstücke, die seine Eltern ihm hinterlassen haben. Beide sind vor 14 Jahren an Aids gestorben. Alles, was er über den Ackerbau wisse, habe er von seinem Großvater gelernt, sagt David. "Er hat vor zehn Jahren angefangen, mir diese Dinge beizubringen. Wir waren alleine mit ihm und ich habe ihm geholfen. So habe ich Stück für Stück dazugelernt."

David Owiti bei der Feldarbeit (Foto: DW)
David Owiti bei der FeldarbeitBild: DW

David war erst vier Jahre alt, als seine Eltern starben. Er hat noch zwei Geschwister. Weil David aber der älteste Junge ist, hat der 18-Jährige eine besondere Verantwortung für die Familie. Er muss sich darum kümmern, dass alle eine ordentliche Ausbildung bekommen – und das ist teuer.

Zweitjob als Aushilfslehrer

Um sieben Uhr geht langsam die Sonne über Alwala auf. David ist gerade mit der Feldarbeit fertig geworden und wäscht sich. Er muss sich beeilen, denn gleich beginnt sein zweiter Job: Seit kurzem ist er Aushilfslehrer an der Grundschule des Dorfes. Auf dem langen Weg zur Arbeit hat er Zeit, über seine Ziele und Träume nachzudenken. Sein größter Wunsch: David möchte Medizin studieren. "Das liegt auch an dem ganzen Leid, das ich seit dem Tod meiner Eltern ertragen musste. Ich möchte etwas aus mir machen. Wenn man jemandem das Leben rettet, müssen dessen Kinder dann nicht so leiden. Als meine Eltern starben, war ich noch klein und wollte ihnen nahe sein. Ich glaube, wenn ich die Eltern von einem Kind rette, dann muss das Kind nicht durch die Qualen gehen, durch die ich damals gehen musste."

Laut Weltgesundheitsorganisation teilen über 12 Millionen Kinder in Subsahara-Afrika Davids Schicksal. Sie haben mindestens einen Elternteil aufgrund von Aids verloren. David sagt von sich, dass er noch Glück hatte. Seine Großeltern leben noch. Sie sind zwar schon alt und schwach, aber eine wichtige emotionale Stütze.

Dankbare Schüler

Klassenzimmer (Foto: DW)
Davids Schüler sehen ihren Lehrer als VorbildBild: DW

Als David nach dem langen Fußweg in der Schule ankommt, warten die Schüler schon ungeduldig. Er arbeit hier zwar erst seit ein paar Monaten, hat sich aber schon viel Sympathie und Respekt bei den Schülern erworben. "David ist ein toller Kerl. Manchmal, wenn er nicht kommen kann, fragen die Schüler: 'Wo ist denn Mister David?'", sagt Randiga Eliazar, sein Chef. "David sagt ihnen immer, dass sie niemals die Hoffung verlieren dürfen. In diesem Jahr haben wir einige Schüler, die auch keine Eltern haben. Gerade für die ist er ein großes Vorbild, denn sie wissen, dass er ähnliche Erfahrungen gemacht hat."

David unterrichtet jeden Tag von neun Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags. Das Geld, das er dafür bekommt, ist wenig: keine 20 Euro im Monat. Aber es ist auch das Gefühl, den Schülern etwas fürs Leben mitgeben zu können, das ihn motiviert. Die heutige Unterrichtseinheit über den menschlichen Körper und Blutkrankheiten liegt ihm besonders am Herzen. "In der Klasse haben wir über die Mythen und Missverständnisse rund um HIV und Aids gesprochen. Manche Menschen glauben, Aids sei ein Fluch und die Menschen mit dem HI-Virus hätten in ihrem Leben gegen die Regeln der Gemeinschaft verstoßen", erklärt David. Das mache ihn sehr wütend. "So werden HIV-positive Menschen diskriminiert und dabei sind sie nur Menschen wie Du und ich."

Langer Arbeitstag und ein bisschen Privatleben

Haus (Foto: DW)
Auch zuhause wartet noch Arbeit auf DavidBild: DW

Auch nach dem Unterricht ist für David der Arbeitstag noch nicht vorbei. Er muss sich noch um die Rinderherde kümmern. Das dauert gewöhnlich noch mindestes zwei Stunden. Mit so einem Arbeitspensum bleibt nicht mehr viel Zeit für sich selbst. Hobbys und Freizeit – Dinge, die für andere Teenager ganz normal sind – bleiben für David absoluter Luxus. Aber eine Geschichte aus seinem Privatleben verrät David am Ende doch noch. "Okay, ich habe eine Freundin", sagt er und lacht. "Sie gibt mir viel Kraft und Hoffnung."

Autor: Jan-Philipp Scholz

Redaktion: Christine Harjes