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"Ein Zeichen für die Schwäche des Regimes"

28. Februar 2011

Die ehemalige Führung der Bahá'í-Religion sitzt in iranischen Gefängnissen. Die Haftbedingungen wurden nun verschärft. Darüber sprach DW-WORLD.DE mit Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi.

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Porträt von Shirin Ebadi (Foto: dw)
Friedensbobelpreisträgerin Shirin Ebadi setzt sich für die Bahá'í ein.Bild: DW-TV

DW-WORLD.DE: Frau Ebadi, haben Sie Kontakt zu den Inhaftierten?

Shirin Ebadi: Ich stehe mit meinen Mitarbeitern, die an diesem Fall beteiligt sind, per E-Mail in Verbindung und ich weiß, wie die rechtliche Situation der Inhaftierten ist.

Warum hat die iranische Regierung die Haftbedingungen für die Bahá'í verschärft?

Jedes Mal, wenn sich die eigene Regierung für schwach hält, antwortet sie mit Gewalt, um ihre Macht zu sichern. In der Politikwissenschaft ist Gewalt immer ein Synonym für Schwäche und wir merken, dass die Gewaltakte der iranischen Regierung in den vergangenen zwei Jahren nicht nur gegen die Bahá'í gerichtet waren. Es wurde auch eine große Zahl von Studenten, Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und Anwälten verhaftet. Dies ist ein Zeichen für die Schwäche des Regimes.

Was haben denn die Demonstrationen der Oppositionellen im Iran damit zu tun?

Natürlich bleibt das nicht ohne Einfluss. Diese Demonstrationen haben an dem Fundament der Regierung gerüttelt und ihr gezeigt, dass die "grüne Bewegung" noch existiert. Die Regierung dachte nach der mühsamen Unterdrückung in den letzten beiden Jahren für kurze Zeit, dass sie alles im Griff habe und die Bewegung eingeschlafen sei. Aber die letzten Proteste haben gezeigt, dass das Feuer nur unter der Asche verborgen ist. Dieses Feuer ist nicht ausgelöscht worden. Es kann jeden Augenblick entzündet werden und das Regime stürzen. Aus diesem Grund setzt eine Regierung, die sich selbst als schwach sieht, auf Härte gegenüber den Bahá'í.

Inwieweit kann die EU sinnvoll helfen?

Die Erklärung der Menschenrechte ist ein internationales und universelles Thema. Die Religionsfreiheit ist eines der wichtigsten Grundrechte. Jeder muss das Recht haben, seine Religion frei zu wählen und auszuüben. Sobald dieser Teil der Menschenrechte gegenüber einer Gruppe ignoriert wird, führt dies zur Aufhebung der Menschenrechte. Und weil die Aufhebung der Menschenrechte grenzüberschreitend ist, kann die Europäische Union oder jede Regierung diesbezüglich protestieren. Sie können vom Iran verlangen, seinen internationalen Verpflichtungen auf dem Gebiet der Menschenrechte nachzukommen. Darum halte ich es für notwendig, immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass die Regierung Irans die internationale Politik- und Bürgerrechtskonvention und die internationale Wirtschafts- und Sozialrechtskonvention ratifiziert hat. Sie hat sich zu deren Umsetzung verpflichtet. Aber wir sehen in der Praxis, dass sie die Religionsfreiheit nicht achtet.

Die Menschenrechtsaktivistin Shirin Ebadi wurde am 21. Juni 1947 geboren und setzt sich seit vielen Jahren für die Rechte der Bahá'í ein. 2003 erhielt sie den Friedensnobelpreis - als erste muslimische Frau überhaupt.

Das Interview führte Mitra Shodjaie.

Redaktion: Marco Müller / Diana Hodali