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Ein Video spaltet Deutschland

18. September 2012

Seit Tagen sorgt ein islamfeindliches Video weltweit für gewalttätige Proteste. Soll man die öffentliche Vorführung des Films in Deutschland verbieten? Die Meinungen darüber gehen auseinander – auch unter Muslimen.

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Moscheen in Deutschland 2012 Berlin Sehitlik Moschee (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, hat sich für ein Verbot des in den USA produzierten Films ausgesprochen. "Ich denke schon, dass wir alle rechtlichen Mittel ausschöpfen müssen", sagte Mazyek im ARD-Fernsehen. Das Video, in dem der Prophet Mohammed verunglimpft werde, habe zum Ziel, "Zwietracht und Hass zu sähen." Den Muslimen in Deutschland riet er, "Ruhe zu bewahren", damit Rechtsextreme das "Hassvideo" nicht instrumentalisieren könnten. Der Film habe mit Meinungsfreiheit nichts zu tun. Er lege es darauf an, "die Würde der Religionsanhänger zu verletzen".

Liberal-Islamischer Bund warnt vor Tabuisierung

Die Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes, Lamya Kaddor, sprach sich gegen ein Vorführungsverbot aus. "Je mehr man über ein Verbot redet und die Tabuisierung solcher Inhalte vorantreibt, desto mehr Schaden richtet man an", warnte sie. Diskussionen über Verbote und Sonderregelungen für Muslime würden die Islamfeindlichkeit in Deutschland schüren.

Das in den USA produzierte Video hatte in der arabischen Welt für Empörung und blutige Auseinandersetzungen gesorgt. In Libyen wurde der US-Botschafter getötet, im Sudan die deutsche Botschaft angezündet. Politiker fürchten inzwischen auch Unruhen in Deutschland selbst. Sie wollen deshalb verhindern, dass der Film - wie von der rechtspopulistischen Splitterpartei Pro Deutschland geplant - öffentlich in Berlin gezeigt wird.

Merkel und Friedrich wollen Verbot prüfen lassen

Es gehe nicht um ein Verbot des Filmes insgesamt, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Bundespressekonferenz, sondern allein darum, ob er öffentlich gezeigt werden dürfe. Dabei setzt sie - wie auch Innenminister Hans-Peter Friedrich - darauf, dass die Vorführung des Mohammed-Schmähfilms in Deutschland aus Gründen der öffentlichen Sicherheit verboten wird.

Westerwelle: Keine Einreise für Hassprediger

Als Grundlage für ein Verbot kommt Paragraph 166 Strafgesetzbuch in Betracht. Demnach wird mit bis zu drei Jahren Haft bestraft, wer öffentlich, "den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören". Dies ist nach Auffassung der Verbotsbefürworter der Fall, weil in dem Video der islamische Prophet Mohammed verunglimpft wird.

Opposition und Gewerkschaft der Polizei gegen ein Verbot

Anderer Meinung sind Politiker von SPD und Grünen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit könne nicht durch außenpolitische Rücksichtsnahme eingeschränkt werden, sagte SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz gegenüber der "tageszeitung“. Ein Verbot könne nur das letzte Mittel sein.

Auch Grünen-Fraktionsvorsitzender Volker Beck sieht keine Möglichkeit, eine Filmvorführung zu verbieten. In dem Blatt bezeichnete er den Film als "eine geschmacklose Dämlichkeit, aber ohne strafbareren Inhalt." Bedenken kommen ebenfalls von der Gewerkschaft der Polizei: In Deutschland gebe es ein sehr hohes Recht auf freie Meinungsäußerung, sagte der GdP-Chef Bernhard Witthaut. Das sei auch richtig und gut so.

Zeitung: Deutschland verstärkt Wachschutz an Botschaften

Nach dem Angriff auf die deutsche Botschaft im Sudan Ende vergangener Woche sollen jetzt offenbar alle deutschen Botschaften in den arabischen Ländern besser bewacht werden. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung wird dazu mehr deutsches Sicherheitspersonal in die gefährdeten Gebiete verlagert.

jh/hp/jc (dpa, kna, dapd, epd, rtr)