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Ein Supermarkt nur für Arme

Arend Wulff9. Mai 2004

Wer Sozialhilfe bezieht, den lässt ein normaler Einkauf schnell an seine finanziellen Grenzen stoßen. In Düsseldorf hat jetzt ein Supermarkt eröffnet, der helfen kann, dieses Problem zu lindern.

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Gerade Obst fehlt häufig auf dem SpeiseplanBild: AP

Ein kleines Ladenlokal im Düsseldorfer Stadtteil Flingern. 100 Quadratmeter, eine gute Größe für einen Tante-Emma-Laden. Drinnen hellgelb gestrichene Wände, in den Regalen stapeln sich Dosen, Kaffee, Shampoo - wie in einem ganz normalen Supermarkt. Doch die Waren kosten nur ein Viertel ihres Normalpreises. Es sind Spenden, Geschenke von ansässigen Groß- und Einzelhändlern. Waren, deren Haltbarkeitsdatum fast abgelaufen oder deren Verpackung beschädigt ist. Ein Supermarkt exklusiv für Sozialhilfeempfänger.

Einrichtungen, bei denen Bedürftige Lebensmittel geschenkt bekommen, gibt es viele. Aber der Verein "Flingern mobil" hat sich bewusst für einen Supermarkt entschieden. Ihnen geht es um das Einkaufsgefühl - auch für die Armen. "Die Leute sollen - auch wenn sie nur 25 Prozent des Normalpreises bezahlen - nicht als Bittsteller kommen, sondern als Kunden," erklärt der Vorsitzende Carsten Horn das Konzept.

Rundumversorgung ist nicht möglich

Die Nachfrage ist groß, das Sortiment noch überschaubar. In den ersten Stunden nach der Eröffnung am 4. Mai 2004 kamen über 30 Kunden in den Laden. "Es ist jetzt einiges ausverkauft, aber wir werden uns verstärkt um entsprechende Spender kümmern, auch wenn das in wirtschaftlich schwachen Zeiten nicht leichter wird." Carsten Horn bleibt dennoch optimistisch: "Jetzt, in der Anfangsphase, werden wir dazukaufen müssen, um unser Sortiment aufrecht zu halten. Mittelfristig rechnen wir damit, dass die Spenden ausreichen."

Das Konzept solcher "sozialer" Supermärkte ist nicht ganz neu. Schon seit den 1990er-Jahren betreibt die Caritas zwischen 20 und 30 solcher Geschäfte in Deutschland. Viele Sozialhilfeempfänger nutzen das Angebot. Wirkliche Engpässe seien dabei aber noch nicht vorgekommen, so Caritas-Sprecher Thomas Brock: "Natürlich können die Läden nicht regulär ihre Waren ordern, aber viele haben ein sehr dichtes Netz regelmäßiger Spender."

Auch im Laden der Düsseldorfer Initiative könne natürlich keine Rundumversorgung garantiert werden, sagt Carsten Horn. "Aber wenn sich ein Kunde bei uns mit Grundlebensmitteln wie Mehl und Zucker eingedeckt hat, vielleicht kann er sich dann im normalen Geschäft nebenan noch Bananen kaufen." Doch nicht nur als billigen Supermarkt wollen die Flinger ihr Geschäft sehen. Auch ein Ort der Begegnung soll es werden. Denn Armut macht einsam. An Stehtischen kann man plaudern. Frischen Kaffee gibt es umsonst dazu.

"Nicht jeder kann mit frischen Lebensmitteln umgehen"

Drei Mitarbeiter haben gleichzeitig Dienst. Carsten Horn war ganz überrascht von der Resonanz, als er ehrenamtliche Helfer suchte. "Da haben sich ganz spontan 25 Leute gemeldet," erzählt er. Und die leisten jetzt Dienst am Kunden, klönen, beraten. Gerade die Beratung ist in einem so speziellen Supermarkt dringend notwendig, haben die Helfer von "Flingern mobil" bei ihrer Arbeit mit den sozial Schwachen des Bezirks gelernt: "Wir müssen damit rechnen, dass nicht jeder Kunde mit frischen Lebensmitteln umgehen kann. Erfahrungen zeigen, dass viele Familien gar nicht wissen, wie zum Beispiel aus einem Kopf Salat eine Schüssel Salat wird."

Einkaufen kann man in dem kleinen Laden nur mit einer speziellen Kundenkarte. Die wird zeitlich befristet an Sozialhilfeberechtigte vergeben. Anderthalb Jahre wird die Kirchengemeinde, der das kleine, helle Ladenlokal gehört, auf die Miete verzichten. Dann soll sich das Projekt selber tragen. Der Bedarf sei da, wird täglich stärker, meinen die Betreiber, denn: "An Menschen, die bedürftig sind, haben wir sicherlich keinen Mangel."