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Ein Pyrrhussieg

15. Dezember 2003

– Nach dem EU-Gipfeltreffen in Brüssel gewinnt Polen zwar an Bedeutung, aber zu welchem Preis?

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Bonn, 15.12.2003, NEWSWEEK POLSKA, PAP, poln.

NEWSWEEK POLSKA, 15.12.2003, poln.

Die Spitzenvertreter der Europäischen Union haben es nicht gern, wenn ihre Gipfeltreffen mit einem Fiasko enden. Aus diesem Grunde werden wir für unsere harte Haltung beim Gipfeltreffen sicherlich noch bezahlen müssen. Der Preis wird sehr wahrscheinlich eine Verschlechterung der Beziehungen zu Deutschland und Frankreich sein. Sowohl Berlin als auch Paris werden außerdem sicherlich versuchen, uns eine Rechnung zu stellen bei der Zuteilung der finanziellen Mittel für die Jahre 2007-2013.

Andererseits haben wir jedoch gezeigt, dass es den großen und starken Mitgliedstaaten nicht mehr so leicht gelingen wird, ihren Willen den kleineren und schwächeren Staaten aufzuzwingen.

Das Treffen der 25 Spitzenvertreter in Brüssel am Samstag (13.12.) endete vorzeitig und ohne eine Kompromisslösung. Dazu kommt es nur dann, wenn keiner der Kompromissvorschläge angenommen wird. Leszek Miller und Jose Maria Aznar wollten sicherlich keine Änderungen des für Polen und Spanien vorteilhaften Stimmensystems zulassen. Eine ebenso harte Haltung vertraten jedoch Frankreich und Deutschland. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte, dass dieses Treffen ohne Erfolg beendet wurde, weil manche Staaten ihre nationalen Interessen über die Idee der europäischen Integration gestellt hätten.

Silvio Berlusconi versuchte uns in Schutz zu nehmen: "Polen und Spanien haben ihren ursprünglichen Standpunkt geändert und eine gewisse Offenheit gezeigt, aber andere Staaten sind zu dem Schluss gekommen, dass die vorgestellten Alternativen nicht annehmbar seien", sagte Silvio Berlusconi. Auch Leszek Miller unternahm Versuche, den Konflikt zu entschärften, indem er Deutschland als unseren großen politischen und wirtschaftlichen Partner bezeichnete, aber der verärgerte Bundeskanzler Schröder warnte, dass es dazu kommen könnte, dass an der Oder-Neiße-Grenze eine neue Grenze entstehen könnte, die Europa in zwei Teile aufteilt d. h. in Europa A und B. (...)

Auch unter den "alten EU-Mitgliedstaaten" entstand Widerstand gegen den Kurs auf die Entstehung einer europäischen Supermacht. (...). Dies sind jedoch Zeichen, die der europäischen Integration keine gute Zukunft voraussagen.

"Gott sei Dank, man musste nicht für Nizza sterben" sagte am Samstag Jan Rokita, der Autor dieses berühmten Spruches. "Wir haben unsere Reife gezeigt. Das ist ein gutes Debüt in der Europäischen Union, sagte Jan Rokita, der Spitzenvertreter der Partei Bürgerplattform, der Druck auf die polnische Regierung vor dem Gipfeltreffen ausgeübt hatte, die Stellung Polens in Brüssel beharrlich zu verteidigen. Paradoxerweise stieg jedoch nicht er, sondern der Premierminister Leszek Miller zum Helden von Brüssel auf. (...) (Sta)

PAP, 15.12.2003, poln.

Wlodzimierz Cimoszewicz, der Außenminister Polens, rechnet mit einer Attacke deutscher Medien nach dem misslungenen Gipfeltreffen in Brüssel. Er kündigt jedoch gleichzeitig viele Treffen mit deutschen Politikern an.

"Ich habe keine großen Zweifel daran, dass sich in den deutschen Medien viele kritische Stimmen gegen die Haltung Polens erheben werden", sagte Wlodzimierz Cimoszewicz gegenüber Journalisten auf dem Heimweg von Brüssel. (Sta)