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Patente Europa

27. Juni 2011

Ein Patent anzumelden, das für die ganze Europäische Union gilt, ist teuer. Ein neues europäisches Patentrecht soll das ändern. Doch zwei Staaten ziehen nicht mit.

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Logo des Europäischen Patentamts
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Das Europäische Patentamt in Brüssel (Foto: DW)
Das Europäische Patentamt in BrüsselBild: dw-tv

Wer etwas erfindet und es in Europa patentieren lassen will, der muss dafür tief in die Tasche greifen. Bis zu 32.000 Euro kostet der rechtliche Schutz vor Kopien, wenn er in allen EU-Mitgliedsländern gelten soll. Zum Vergleich: In den USA sind für ein Patent nur rund 2000 Euro fällig. Seit Jahrzehnten gibt es Versuche, diesen Missstand zu ändern und ein einheitliches EU-Patent auf den Weg zu bringen. Vielleicht könnte das in Kürze gelingen. Am Montag (27.06.2011) wollen die zuständigen EU-Minister darüber beraten.

Deutschland bezeichnet sich gerne als Land der Ideen. Das zeigt sich auch bei den Patentanmeldungen: Deutsche Betriebe sind mit jährlich 40 Prozent aller Patentanmeldungen in der EU so innovativ wie die übrigen drei anmeldestärksten Mitgliedsstaaten Frankreich, Niederlande und Großbritannien zusammen. Trotzdem gibt es auch deutsche Unternehmen, die ihre Ideen und Produkte nur national und nicht auf europäischer Ebene schützen lassen. Arend Oetker, Unternehmer und Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, kann das verstehen: "Es kostet zu viel. Das gilt besonders für die mittelständischen Unternehmen. Wir brauchen ein System, das die Wettbewerbsfähigkeit dieser europäischen Unternehmen auf Dauer möglich macht. Und dazu gehört ein preiswertes Patentrecht."

Sprachenwirrwarr

Ausschnitt aus einem Patentantragsformular
Patentanmeldung: Künftig nur noch in drei Sprachen?Bild: Deutsches Patentamt

32.000 Euro kostet eine Patentanmeldung beim Europäischen Patentamt in Brüssel, wenn der Kopierschutz in allen Staaten der Europäischen Union gelten soll. Der Löwenanteil dieser Summe, nämlich 80 Prozent, entfällt auf die Übersetzungskosten. Das Patent muss in allen Landessprachen der EU verfasst und in allen Staaten einzeln bestätigt werden. Genau an dieser Stelle setzt die Idee eines einheitlichen EU-Patents an. Die Erläuterung der geschützten Erfindung soll nur noch in den drei Amtssprachen der EU - also in Englisch, Französisch und Deutsch - vorliegen müssen. Die Patenterteilung soll sogar nur in einer der drei Sprachen erfolgen. Dieser Vorstoß der EU-Kommission trifft auf breite Zustimmung in der Union. Nur Spanien und Italien fühlen sich sprachlich diskriminiert und haben deswegen Klage beim Europäischen Gerichtshof erhoben.

Benoit Battistelli, Präsident des Europäischen Patentamtes, ist trotzdem zuversichtlich. Die Vorschläge, die jetzt auf dem Tisch lägen, seien zwar nicht perfekt, aber wichtig: "Wir waren einer Entscheidung noch nie so nahe wie jetzt. Aber wie so oft sind die letzten Meter die schwierigsten. Aber der Rest der Welt wird nicht stillhalten und auf uns warten." In der Tat wird in den USA an einer Reform des Patentrechts genauso gearbeitet wie in China oder Brasilien an seinem Aufbau. Doch für die EU wird es nicht nur darauf ankommen, Patente einheitlich anmelden zu können. Es wird auch eine einheitliche Gerichtsbarkeit geben müssen.

Gleiche Auslegung der Vorschriften

Die Flaggen der EU-Mitgliedsländer wehen vor dem Gebäude des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg (Foto: dpa)
Europaweites Patentgericht verhindert: Der EuGh in LuxemburgBild: picture-alliance / dpa

Der Idee eines europaweiten Patentgerichts, das als Berufungsinstanz über den nationalen Patentkammern stehen sollte, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) allerdings im März eine Absage erteilt. Das neue Patentgericht sollte nicht nur für die EU, sondern für weitere elf europäische Länder zuständig sein - und das lehnte der EuGH mit Verweis auf EU-Recht ab. Der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, findet das sehr bedauerlich: "Wir brauchen eine möglichst einheitliche Gerichtsbarkeit. Die Vorschriften müssen in Deutsachland gleich ausgelegt werden wie in Großbritannien, in Frankreich, Spanien, Polen und anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Hier muss die Politik nach Lösungen suchen."

Doch wie könnten die aussehen? Und wie lange wird es dauern, bis Lösungen gefunden werden, auf die sich alle Beteiligten in der EU einigen könnten? In der deutschen Wirtschaft werden bereits Befürchtungen laut, dass sich das Einheitspatent durch den europäischen Richterspruch auf weitere fünf bis sieben Jahre verzögern könnte. Denn auf politischer Ebene ist kaum jemand zu finden, der das EU-Patent ohne eine passende Gerichtsbarkeit einführen möchte. Für Unternehmen, die ihre Patentrechte verletzt sehen und dagegen klagen, heißt das: Sie müssten weiterhin mit Urteilen leben, die, je nachdem in welchem europäischen Land verhandelt wird, unterschiedlich ausfallen können. Derzeit favorisieren die meisten europäischen Unternehmen übrigens das deutsche System. Mehr als die Hälfte aller europäischen Patentklagen werden vor deutschen Patentkammern eingereicht, gefolgt von den Niederlanden und Frankreich.

Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Rolf Wenkel