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Ein Papst der Kontinuität

Klaus Krämer 20. April 2005

Der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger ist zum neuen Papst gewählt worden. Als Kardinal war er ein Hardliner, deshalb bleibt nur zu hoffen, dass er seine Haltung zu einigen Fragen überdenkt, kommentiert Klaus Krämer.

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Wer als Papst ins Konklave geht, kommt als Kardinal heraus? Keineswegs. Das erste Konklave im dritten Jahrtausend hat dieses Sprichwort wiederlegt. Innerhalb von rekordverdächtigen 26 Stunden wurde aus dem obersten Glaubenshüter der katholischen Kirche das Kirchenoberhaupt von 1,1 Milliarden Gläubigen, wurde aus Kardinal Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.

Also kein Kandidat aus einem Land der südlichen Erdhalbkugel, kein Reformer wie Johannes XXIII., kein neues klerikales Ideen-Paket. Gleichwohl aber ein Kirchenmann, dessen wissenschaftliche Reputation auch seine Gegner nicht in Zweifel ziehen. Ein scharfer Intellekt, eine geschliffene Sprache und eine enorme theologische Tiefe zeichnen ihn aus. Außerdem steht der erste Deutsche auf dem Stuhl Petri seit 482 Jahren für Kontinuität in der Amtsführung.

Zeit des Übergangs

Fast 25 Jahre lang hat Ratzinger die Geschicke der katholischen Weltkirche maßgeblich an der Seite seines Vorgängers mitbestimmt, ist also bestens mit allem vertraut, was das Papst-Amt intern und extern betrifft. Dennoch können auch der Jubel von hunderttausend Menschen auf dem Petersplatz und die zahlreichen Glückwünsche der internationalen Polit-Prominenz nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Pontifikat Benedikt XVI. eine Zeit des Übergangs repräsentiert.

Vielleicht spiegelt sich das auch im Wahlergebnis wieder, wonach er nur 77 der 115 Stimmen bekommen haben soll. Er wird den Stuhl Petri besetzen, aber kaum die anderen Möbel verrücken. Genau das aber hatten sich viele Katholiken gewünscht, besonders in Deutschland und Westeuropa, einen offenen, dialogbereiten Pontifex, der im Wortsinn Brücken baut, Brücken zwischen Liberalen und Konservativen, zwischen den Kirchen und Religionen.

Widerstand gegen Wahl

Vielleicht ist das der Grund dafür, dass der größte Widerstand gegen die Wahl des 78-Jährigen im Konklave von den deutschen Kardinälen gekommen sein soll. Denn ändern muss sich die römisch-katholische Kirche über kurz oder lang. Wenn sie überleben will, wird sie den Mut aufbringen müssen, den tief greifenden Umwälzungen in der modernen Welt auch eine schrittweise innerkirchliche Erneuerung folgen zu lassen. Das gilt für den Umgang mit den kirchlichen Laien, mit der Rolle der Frauen in der Kirche, für das Amtsverständnis von Priestern. Das gilt für die ökumenische Annäherung zu den nicht katholischen Kirchen.

Als Kardinal war der neue Papst ein Hardliner, der das Engagement kirchlicher Laien per höchstamtlichem Dokument in die Schranken wies, für den Frauen in der Kirche eher zweite Wahl zu sein schienen, der reformatorische Kirchen als nicht vollwertig ansah, der den interreligiösen Dialog im Rahmen der Friedensgebete von Assisi ablehnte. Ob sich das jetzt, nach seiner Wahl alles geändert hat? Wohl kaum.

Veränderte Haltung

Bleibt die Hoffnung, dass der Papst der Kontinuität wenigstens in der Haltung zu einigen dieser Fragen von seinem Amt verändert wird. Auch das ist schon vorgekommen. Denn schließlich wirkt der Heilige Geist nicht nur in Konklaven, sondern auch noch danach.