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Ein Niederländer für die NATO

Bernd Riegert23. September 2003

Die NATO bekommt einen neuen Generalsekretär. Das Militärbündnis gab bekannt, dass der niederländische Außenminister Jaap de Hoop Scheffer das Amt übernehmen soll.

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Jaap de Hoop Scheffer wird die NATO künftig politisch vertretenBild: dpa

Der niederländische Außenminister Jaap de Hoop Scheffer wird neuer NATO-Generalsekretär. Darauf verständigten sich die 19 Mitgliedstaaten am Montag (22. September 2003) in Brüssel. De Hoop Scheffer tritt die Nachfolge des Schotten George Robertson an, der das Amt zum Jahresende abgibt.

Der Entscheidung für de Hoop Scheffer war ein Auswahlverfahren vorangegangen: Anfang September 2003 traf der niederländische Außenminister US-Präsident George W. Bush. Das Bewerbungsgespräch in Washington lief offenbar erfolgreich. Zum dritten Mal wird somit ein Niederländer Generalsekretär der NATO. Dem Weißen Haus gefällt vor allem die pro-amerikanische Haltung des christdemokratischen Holländers, der den Irak-Krieg immer unterstützt hat.

Balanceakt zwischen Europa und den USA

Wohlgefallen in Washington ist die wichtigste Eigenschaft, die ein Kandidat für den Spitzenposten der NATO mitbringen muss. Ohne Rückendeckung der mit Abstand stärksten Militärmacht im Bündnis hat kein Kandidat eine Chance.

Frankreich und Kanada hegten angeblich noch Vorbehalte gegen de Hoop Scheffer. Frankreich ist er zu amerikafreundlich. Kanada hatte einen eigenen Kandidaten im Rennen. Den wiederum hatten die Europäer abgelehnt, weil der Posten des NATO-Generalsekretärs nach einem ungeschriebenen Gesetz einem europäischen NATO-Land zusteht. Die USA entsenden im Gegenzug stets den wichtigsten militärischen Kopf der NATO, den Oberbefehlshaber in Europa, kurz SACEUR.

Proamerikanisch, mit europäischem Profil

Jakob Gijsbert, genannt Jaap, de Hoop Scheffer ist seit Juli 2002 Außenminister der Niederlande. Die NATO kennt er aus zwei Jahren Tätigkeit in der niederländischen Vertretung im Hauptquartier der Allianz von 1978 bis 1980. Bis 1986 war er dann Referent im persönlichen Büro des niederländischen Außenministers. De Hoop Scheffer wechselte als Abgeordneter ins Parlament und machte als Politiker Karriere. Von 1997 bis 2001 war er Fraktionschef der Christlich Demokratischen Allianz. Dem ehemaligen Luftwaffensoldaten de Hoop Scheffer wird nachgesagt, er habe selber Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs in Den Haag gehegt. Die Partei zog aber den jugendlich wirkenden Jan Peter Balkenende vor. Von politischen Beobachtern wird de Hoop Scheffer als zurückhaltender europäischer Transatlantiker eingestuft. Das soll heißen, er tritt für ein enges Bündnis mit den USA ein, achtet aber gleichzeitig auf einen starken europäischen Pfeiler der NATO.

Robertson will nicht mehr

Die Niederlande stellten bereits zwei der zehn NATO-Generalsekretäre, Dirk Uipko Stikker in den 1960er-Jahren und Joseph Luns, der von 1971 bis 1984 amtierte. Der derzeitige NATO-Generalsekretär Lord George Robertson ist amtsmüde und möchte Ende 2003 vorzeitig als stellvertretender Chef einer Telefongesellschaft in die freie Wirtschaft wechseln.

Auf Jaap de Hoop Scheffer kommt ein ganzes Bündel von schwierigen Aufgaben zu. Er muss den Graben innerhalb der NATO zwischen Befürwortern und Gegnern des Irak-Kriegs schließen. Er muss die Integration von sieben neuen Mitgliedsstaaten (Litauen, Lettland, Estland, Rumänien, Bulgarien, Slowenien, Slowakei) bewerkstelligen, die 2004 beitreten. Er muss das militärische Verhältnis der NATO zur wachsenden Europäischen Union festlegen und die Rolle bei Einsätzen außerhalb Europas, zum Beispiel in Afghanistan neu definieren.