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Ein Museum für die Tartuffel

8. Mai 2006

Jeder kennt die Kartoffel und fast jeder isst sie, ob gekocht, gebraten, frittiert oder als Brei. In Fußgönheim (Rheinland-Pfalz) hat man ihr ein Denkmal gesetzt - in Form eines Museums.

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Kartoffelmuseum von FußgönheimBild: picture-alliance / dpa

Im Deutschen Kartoffelmuseum in Fußgönheim, das mitten in einem Frühkartoffelanbaugebiet der Rheinebene liegt, dreht sich alles um die Knolle, die im 16. Jahrhundert von spanischen Erobern aus Peru nach Europa importiert wurde. In der umgestalteten ehemaligen Synagoge des Ortes ist alles ausgestellt was mit dem Erdapfel zu tun hat: Erntewerkzeuge, Kartoffelschäler, Postkarten, eingelegte Riesenkartoffeln, Stauden und Flaschen mit Kartoffelschnaps. Verschiedene Sorten liegen in Körben - neben der Urkartoffel "Chunios", die so gar nichts gemeinsam hat mit dem gelben Erdapfel, der bei uns geerntet wird.

Kartoffel p178
Bild: BilderBox

Die Idee, ein Museum für die Kartoffel zu eröffnen, kam vom Vorsitzenden des Heimat- und Kulturkreises Fußgönheim, Karl Freidel. "Der Auslöser war, der Kartoffel ein Denkmal zu setzen, denn sie hat so viele Menschen vor dem Hungertod bewahrt", sagt Freidel. Außerdem sei die Pfalz das größte Anbaugebiet für Frühkartoffeln: 500.000 Tonnen der jungen Knollen würden hier jährlich geerntet.

Urkartoffel und Tartuffel

Elf Jahre habe es trotzdem gedauert, bis er den Bürgermeister von Fußgönheim von seiner Idee habe überzeugen können. Im Jahr 1988 wurde schließlich das erste Kartoffelmuseum Deutschlands eröffnet. Anders als im Anfang lacht mittlerweile niemand im Ort mehr über den 67-Jährigen, denn das Kartoffelmuseum ist eine der Hauptattraktionen weit und breit: "20.000 Besucher kommen jedes Jahr", sagt Freidel nicht ohne Stolz. Selbst aus Peru, dem Land der Urkartoffel, kamen schon Besucher. Sie schenkten dem Museum die Tracht eines peruanischen Kartoffelbauers.

Der Name der Kartoffel stammt ursprünglich aus dem Italienischen. Beim Anblick der schrumpeligen Knolle dachten die Südländer an die Trüffel und gaben der Erdfrucht den Namen tartufolo, in Deutschland Tartuffel - und später Kartoffel genannt. Gräberfunde in Südamerika belegen, dass tartufolo bereits vor 8000 Jahren durch Indianer der Hochanden angebaut wurde. Dort gab es bereits zahlreiche Sorten und eine Trockenreserve.

Zierpflanze und Delikatesse

Kartoffelblüte
Blühende Kartoffelpflanze

1588 kam die Kartoffel schließlich über den Botaniker Clusius nach Deutschland. Er pflanzte die Knolle im botanischen Garten in Frankfurt am Main ein. Zunächst richtete sich das Interesse aber nur auf die Blüte: Die Kartoffel wurde anfangs als Zierpflanze in fürstlichen Lustgärten verwendet.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts avancierte die Kartoffel zu einer Delikatesse und wurde am Hofe von Ludwig XIV. in Paris besonders geschätzt. Heute gibt es nach Freidels Angaben weltweit 6000 verschiedene Sorten, davon 150 in Deutschland. Wichtig ist Kartoffelliebhaber Freidel, dass möglichst viele Schulklassen ins Museum nach Fußgönheim kommen. "Die Kultur darf nicht verloren gehen, sonst denken die Kinder irgendwann, dass Pommes frites auf Bäumen wachsen." (wga)