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Ein machtloser Präsident

28. Mai 2010

Die Ölpest bringt auch US-Präsident Obama unter Druck: Sie sei Obamas "Katrina" heißt es - in Anspielung auf das Versagen der Bush-Regierung nach dem Hurrikan 2005. Der Vergleich hinkt, meint Christina Bergmann.

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Bild: DW

Niemand kann ernsthaft behaupten, dass Barack Obama ursächlich verantwortlich ist für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Es ist eine Folge der Fahrlässigkeit und Ignoranz seiner Vorgänger. Doch als Präsident muss er nun dafür gerade stehen. Die Ausgangslage ist also ähnlich wie bei dem Hurrikan "Katrina", der Deiche durchbrach, die eigentlich halten sollten.

Und ähnlich wie damals Präsident George W. Bush ist es auch Obama nicht gelungen, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass er die Sache im Griff hat. Er brauchte 38 Tage, um mit einer Pressekonferenz auf das Desaster im Golf von Mexiko zu reagieren.

Verblassende Bilder, offensichtliche Widersprüche

Öffentlichkeitswirksame Bilder von Menschen, Maschinen oder etwa Booten, die die Ölpest bekämpfen, gibt es nicht. Die Bilder vom Auslegen der schwimmenden Barrieren, die das Öl von der Küste fernhalten sollen, verblassen angesichts von Filmen, in denen Journalisten ihre behandschuhten Hände in die ölige Brühe halten oder verzweifelte Fischer um ihre Existenz bangen.

Hinzu kommen offensichtliche Widersprüche. Einerseits müsse sich der Ölkonzern BP, so erklärte der Präsident, jetzt alle Rettungsmaßnahmen von der US-Regierung genehmigen lassen. Andererseits gab Obama zu, dass seine Administration keine Erfahrung hat im Umgang mit lecken Ölbohrstellen in tiefen Gewässern. Man ist also BP auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

"Regierung könnte Maßnahmen gar nicht übernehmen"

Christina Bergmann, DW-Studio Washington (Foto: DW)
Christina Bergmann, DW-Studio Washington

Genau hier liegt der entscheidende Unterschied zu "Katrina". Denn selbst wenn Obama wollte - seine Regierung könnte die Rettungsmaßnahmen zum Schließen des Lecks gar nicht übernehmen. Nicht nur fehlt die rechtliche Grundlage, auch der Ruf etwa nach dem Einsatz des Militärs ist kurzsichtig. US-Soldaten mögen Kriege in Wüsten, Bergen und in der Luft kämpfen können, gegen eine defekte Ölpipeline in 1500 Metern Meerestiefe sind auch sie machtlos. Anders bei "Katrina": Für den Ausnahmezustand nach einer Naturkatastrophe an Land sind die Nationalgarde und das Militär durchaus ausgerüstet. Die Fehler 2005 lagen ganz klar in mangelnder Koordination, Fehleinschätzung und Führungsschwäche auf Seiten der Bush-Regierung.

Der Fall BP dagegen zeigt, wozu Deregulierung und Kapitalismus führen. Kommt dann noch Korruption bei den Aufsichtsbehörden hinzu, ist das Desaster vorprogrammiert. Ironischerweise sind es aber genau jene Politiker, die Obama eben noch als Sozialist beschimpft haben, die jetzt nach einem starken Staat schreien. Wie beispielsweise Louisianas Gouverneur Bobby Jindal, der für seinen Bundesstaat vorgesehenes Geld aus dem Konjunkturhilfepaket ablehnte und in seiner Antwort auf Obamas Rede zur Lage der Nation im letzten Jahr erklärte, die Stärke Amerikas liege nicht in der Regierung, sondern in den mitfühlenden Herzen der Bürger. Weil aber diese mitfühlenden Herzen gegen ölverseuchtes Wasser nichts ausrichten können, ruft Jindal jetzt laut nach der Bundesregierung. Vergeblich. Während die US-Regierung während des "Katrina" Desasters schlicht versagte, ist sie jetzt vor allem machtlos. Die Menschen am Golf von Mexiko mögen diese Feinheiten nicht interessieren. Sie stehen heute wie damals vor den Trümmern ihrer Existenz.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Frank Wörner