Ein Leben für die Musik
18. Mai 2012Eine der größten Stimmen des Jahrhunderts, der Lied-Interpret schlechthin: Nur wenige Sänger hatten ein größeres Repertoire. Dietrich Fischer-Dieskau ist am Freitag (18.05.2012) im Alter von 86 Jahren in der Nähe von Starnberg in Bayern gestorben.
Fischer-Dieskau wurde am 28. Mai 1925 in Berlin geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg eroberte seine Baritonstimme die wichtigsten Opernbühnen und Konzertsäle der Welt. Der mehrfach preisgekrönte Sänger war auch Autor, Maler, Dirigent, Pädagoge und Rezitator. 1983 wurde er Professor an der Berliner Hochschule der Künste und war sein Leben lang ein gesuchter Lehrer.
Schallpllatten-Star
Weltbekannt wurde Fischer-Dieskau jedoch vor allem durch seine Schallplatten- und CD-Aufnahmen, die als legendär gelten. Sie setzten Maßstäbe in der Interpretation und verblüffen durch ihren Umfang: Opern, Oratorien und Kantaten von über 190 Komponisten: Bach und Verdi, Mozart und Reimann; vor allem jedoch als Liedinterpret ging Fischer-Dieskau in die Geschichte ein. Auch da hatte seine Aufnahmetätigkeit fast enzyklopädischen Charakter. Beispielhaft ist die Aufnahme aller Lieder von Franz Schubert, von denen es über 500 gibt. Fischer-Dieskau begründete seine Faszination für Schubert so: "Die Verbindung von Wort und Ton ist bei Schubert so harmonisch wie es bei niemand anderem der Fall ist. Es gibt kein Stück, das nicht mit einer Überraschung aufwartet."
Untrennbar mit dem Namen Fischer-Dieskau verbunden ist denn auch der Gesangszyklus "Die Winterreise" von Franz Schubert. Fünfmal hat er ihn aufgenommen. Diese Aufnahmen dokumentieren seine stilistische Entwicklung und demonstrieren durch ihre vielfältigen Ansätze, dass die musikalische Interpretation ein schier endloses Gebiet ist.
Musik als Kommunikation
Dietrich Fischer-Dieskaus stilistisches Kennzeichen war die äußerst präzise Vermittlung von Texten durch den Gesang. Durch die Textverständlichkeit wurde er zu einem Botschafter der deutschen Sprache und Kultur. Die präzise Vermittlung von Textinhalten wurde von Kritikern mitunter als "manieristisch" beschrieben. Fischer-Dieskau hierzu: "Mir wurde ja übel genommen, dass man mich verstand, dass ein Text deutlich ausgesprochen wurde. Ich bin auch der Meinung, dass die Verständlichkeit der Sprache ein Studium für sich ist."
Der Sänger, der 1993 im Alter von 67 Jahren seine Konzerttätigkeit nach einer mehr als 45-jährigen Karriere beendete und danach vor allem als Lehrer und Autor in Erscheinung trat, sagte damals rückblickend: "Natürlich ist meine große Liebe die Arbeit, und das ist etwas, das durch gar nichts zu ersetzen ist. Für mich war die Arbeit immer ein Lebenselixier, und ich werde ganz sicher arbeiten, bis ich nicht mehr atmen kann."