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Ein halbes Jahr vor dem EU-Beitritt – Die Tschechen sind misstrauisch

3. Dezember 2003
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Prag, 3.12.2003, PRAGER ZEITUNG, deutsch

Ein halbes Jahr vor dem EU-Beitritt sehen die Tschechen der Union mit gemischten Gefühlen entgegen. Von Freude, oder gar Begeisterung, ist wenig zu spüren, eher überwiegt Misstrauen. Eine neue Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CVVM vom Montag (1.12.) dieser Woche zeigt dies deutlich.

Eine Mehrheit erwartet zunächst einmal nichts Gutes von der EU. Viele sind der Meinung, dass nach dem Beitritt zur Union die Preise für Lebensmittel, Energie und öffentliche Verkehrsmittel steigen werden. Bei der Arbeitslosigkeit sieht es noch düsterer aus. Nur 14 Prozent erwarten, dass sich die Zahl der Arbeitssuchenden verringert, während 41 Prozent gar einen Anstieg befürchten; 30 Prozent sehen weder einer Besserung noch Verschlechterung entgegen.

Das Misstrauen scheint bei vielen Tschechen zu überwiegen; dies spiegelt auch das Ergebnis zum EU-Referendum wieder: 77 Prozent sprachen sich damals zwar für den Beitritt aus, doch dies bei einer Wahlbeteiligung von gerade mal 55 Prozent.

Auch über die Mobilität der Tschechen gibt die Umfrage Aufschluss. Rund ein Drittel zeigte Interesse, in einem anderen Land arbeiten zu wollen. Auf den ersten Blick erscheint diese Zahl sehr hoch zu liegen; es sind jedoch meist jüngere und gebildetere Leute, oft mit Hochschulabschluss, die einen Job außerhalb der Heimat anstreben; meist sind diese unter 30 Jahre alt. Und die blicken zum Teil gar nicht nach Deutschland, sondern eher nach Brüssel, London oder Paris. Viele betrachten die Zeit im Ausland als Sprungbrett für einen Spitzenjob im Heimatland, in das man nach ein paar Jahren wieder zurückkehren möchte. Das Gros der Tschechen aber hat wenig Interesse, in die Fremde zu ziehen.

Die Vorsicht der Bürger einer europäischen Öffnung gegenüber mag in einer generellen Zukunftsskepsis der Tschechen begründet liegen. Doch es gibt auch bei Politikern spezifische Vorbehalte, die vor allem Präsident Klaus immer wieder formuliert: Die Tschechen wollen kein Europa, das von Deutschland und Frankreich dominiert wird. Sie wollen einen maximalen wirtschaftlichen Nutzen bei einer minimalen Abgabe von Souveränitätsrechten. Damit wird jeder, der am europäischen Haus baut, rechnen müssen. (fp)