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Keine Krise

17. Juni 2010

Die Staats- und Regierungschefs der Union suchen in Brüssel nach einheitlichen Positionen zur Wirtschaftsregierung, zur Bankenabgabe und zu einer Änderung der Verträge.

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Van Rompuy (Foto: AP)
Eröffnung mit Witz: EU-Ratspräsident Van RompuyBild: AP

Wochenland hat die EU Feuerwehr für die akuten Brandherde der Finanz- und Wirtschaftskrise gespielt. Jetzt will sie die unmittelbare Krisenbewältigung hinter sich lassen und nach vorne blicken. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erlaubte sich bei der Eröffnung der Sitzung (17.06.2010) eine kleine ironische Bemerkung: "Liebe Kollegen, es ist jetzt halb zehn, und es gibt keine Krise." Gerüchte, Spanien werde nach Griechenland ebenfalls Finanzhilfe brauchen, werden in Brüssel entschieden dementiert.

Auf der Suche nach Einigungen

Merkel und Sarkozy (Foto: apn)
In manchen Themen sind sie sich einig: Merkel und SarkozyBild: apn

Von dem eintägigen Gipfel erhofft sich Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht zuletzt eine Einigung für Verhandlungen in größerem Rahmen. "Wir werden die G20- und G8-Treffen vorbereiten, damit wir mit einer möglichst einheitlichen europäischen Position auftreten können. Das umfasst auch zum Beispiel Bankenabgaben und die Besteuerung der Finanzmärkte. Hier wird es sehr interessant sein, die Positionen auszutauschen." Deutschland und auch Frankreich zum Beispiel seien sehr dafür, dass die Verursacher der Krise stärker zur Kasse gebeten würden.

Doch schon auf europäischer Ebene gibt es hier Widerstand: Vor allem die Briten mit ihrem wichtigen Finanzplatz London wollen sich das Geschäft nicht mit allzu restriktiven Maßnahmen verderben - zumal der neue britische Premierminister David Cameron als ausgesprochen euro-skeptisch gilt. Umso schwieriger wird es sein, einen weltweiten Konsens in diesem Punkt herzustellen.

Eine EU, viele Meinungen

Politiker auf dem EU-Gipfel (Foto: AP)
Der EU-Gipfel ist von zwei auf einem Tag gekürzt wordenBild: AP

Auch bei einem anderen Thema hat es Merkel schwer: Um in Zukunft die Euro-Mitglieder zu mehr Haushaltsdisziplin zu zwingen, hält sie es für notwendig, europäische Verträge zu ändern. Doch damit steht sie allein da. "Ich glaube nicht, dass wir Vertragsänderungen fordern sollten. Ich hatte die EU-Ratspräsidentschaft, als wir den Lissabon-Vertrag unter Dach und Fach bekamen. Das war eine ziemlich zeitraubende Sache", erinnert sich der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt an die letzte Vertragsänderung. "Die Debatte sollte sich darum drehen, wie wir die Maßnahmen anwenden, die wir schon haben."

Auch das Zauberwort Wirtschaftsregierung sorgt im Moment für viel Wirbel. Dabei geht es um mehr Gemeinsamkeit in der Wirtschaftspolitik. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wollte die Abstimmung nur auf die Euro-Staaten begrenzen. Merkel hat aber durchgesetzt, dass alle 27 EU-Staaten daran teilhaben. Die große Frage ist, wie weit diese europäische Wirtschaftsregierung gehen soll. Eine Regierung, die etwas entscheide, das dann für alle Länder gelte, werde es in Steuerfragen nicht geben, sagt der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann. "Es kann nur um eine gute Koordination gehen, und die wird uns noch sehr lange beschäftigen. Das Wort 'gute und rasche Koordination' ist schnell ausgesprochen, aber die Taten brauchen wesentlich länger."

Im Moment leben die Staats- und Regierungschefs aber von der Hand in den Mund. Um halb zehn hatte Ratspräsident Van Rompuy gesagt, es gebe keine Krise. Alle hoffen, dass das auch am Abend noch gilt.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Julia Kuckelkorn