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Frankfurt-Ho Chi Minh City

Esther Broders18. Februar 2009

Wolf Rieck leitet die neue Vietnamesisch-Deutsche Universität in Ho Chi Minh City. Seit September 2008 ist der ehemalige Präsident der FH Frankfurt in Vietnam.

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Dialog und Projektarbeit spielen eine große Rolle an der VGU.Bild: DW / Broders

DW: Herr Rieck, seit Herbst 2008 läuft der Lehrbetrieb an der Vietnamesisch-Deutschen Universität (VGU) in Ho-Chi-Minh-City. Seitdem durchlaufen die ersten 35 Studenten ein Vorbereitungsjahr, für das eigentliche Bachelor-Fachstudium. Im Moment gibt es mit Elektroingenieurwesen nur einen Studiengang, das Angebot soll aber ausgebaut werden. Was bieten Sie dem nächsten Jahrgang, der im Herbst 2009 mit dem Studium beginnt?


Wolf Rieck: Wir werden wohl mehrere neue Bachelor- und Masterstudiengänge ins Programm nehmen. Im Moment haben wir ein regelrechtes Luxus-Problem, nämlich eine sehr große Auswahl. Es gibt in Deutschland mittlerweile fast 30 Universitäten, die uns unterstützen wollen, die ganz unterschiedliche Studienangebote nach Vietnam exportieren möchten. Wir haben zum einen die sehr renommierten technischen Universitäten mit im Boot, aber auch sehr viele Fachhochschulen, so dass wir da eine gute Mischung aus theorie- und praxisorientierter Ausbildung anbieten können. Und daneben gibt es Angebote und Wünsche, auch geisteswissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Studiengänge nach Vietnam zu bringen. Wir schauen jetzt, wie diese Angebote mit dem Profil der VGU zusammen passen. Außerdem müssen wir das Ganze auch mit der vietnamesischen Seite abstimmen. Ich gehe im Moment davon aus, dass es einen Masterstudiengang im Bereich Wassermanagement geben wird, dass wir uns um das Thema Energie-Effizienz und Energie-Produktion kümmern werden und dass wir den Studiengang Stadtentwicklung anbieten werden.

Wie ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage? Wie viele Studenten bewerben sich für die VGU?

Wir können maximal 200 Studienanfänger neu aufnehmen, mehr ist im Moment nicht möglich. Und die Bewerberzahlen für den kommenden Herbst werden vermutlich weit darüber liegen, so dass wir längst nicht für jeden einen Platz anbieten können. Neulich habe ich eine Schätzung gehört, wonach sich mehrere tausend Highschool-Absolventen für die VGU bewerben könnten. Sollte das tatsächlich der Fall sein, würden wir allein bei der Auswahl an die Grenzen unserer Kapazität stoßen. Auf der anderen Seite zeigt das aber auch, dass die VGU auf ein sehr großes Interesse in Vietnam stößt.

Ein Ziel des Vorbereitungsjahres ist es, die sehr unterschiedlichen Englisch-Kenntnisse der Studenten auf ein einheitliches Niveau zu bringen. Denn das Fachstudium soll dann ganz auf Englisch stattfinden. Wie sind Sie mit der Umsetzung im Klassenraum zufrieden?

Der Lehrbetrieb läuft jetzt seit ein paar Monaten, und die Kenntnisse haben sich mittlerweile recht gut angeglichen. Anfangs hatten wir die Studenten in mehrere Leistungs-Gruppen unterteilt, mittlerweile konnten wir das auf zwei Klassen reduzieren. Und für die Studenten, die sich besonders gut weiterentwickelt haben, bieten wir zusätzlich auch Deutsch-Unterricht an. Denn der Deutschland-Bezug ist uns an der VGU natürlich auch sehr wichtig.

Die VGU ist zwar eine staatliche Universität, genießt aber für vietnamesische Verhältnisse ungewöhnlich viel Autonomie. Und das ruft in einem sozialistischen Land wie Vietnam natürlich auch Kritiker auf den Plan. Nach der Gründung haben Sie gesagt, Sie seien froh, dass jetzt Fakten geschaffen seien und dass der Lehrbetrieb laufe - denn das würde den „ewig Gestrigen“ den Wind aus den Segeln nehmen. Inwiefern haben Sie heute mit Kritik zu kämpfen?

Ich weiß nicht, was sich möglicherweise an innervietnamesischen Auseinandersetzungen hinter den Kulissen abgespielt hat. Aber nach den Erfahrungen, die ich in den vergangenen Monaten hier gemacht habe, kann ich davon ausgehen, dass die vietnamesische Seite diese Universität will und dementsprechend auch unterstützt. Es gibt keinerlei Versuche, in meine Arbeit hereinzureden oder hineinzuregieren. Und sollte es so etwas einmal gegeben haben, dann ist es mittlerweile eingeschlafen. Ich kann nur sagen: Die Arbeitsbedingungen in Vietnam sind gut.

Wolf Rieck ist Gründungspräsident der Vietnamesisch-Deutschen Universität in Ho-Chi-Minh-City und seit September 2008 in Vietnam.