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Ein Russe für Riga

14. Juli 2009

Jeder dritte Bewohner von Riga ist russischer Herkunft - nun ist zum ersten Mal einer von ihnen zum Bürgermeister gewählt worden. Nils Uzakovs hat mit seinem Programm überzeugt, nicht mit seiner Nationalität.

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Blick auf das Rathaus von Riga (Foto: Birgit Johannsmeier)
Im Rathaus von Riga sollen nun Poliker mit russischem und lettischem Hintergrund gemeinsam Politik machenBild: DW

Dass der hoch gewachsene, blonde junge Mann Bürgermeister von Riga ist, ist eine kleine Sensation. "Mit mir wurde zum ersten Mal in der Geschichte Rigas ein Russe zum Bürgermeister gewählt", sagt Nils Uzakovs stolz. Ihn hat nicht nur der russische Teil der Bevölkerung gewählt, auch viele Letten haben für ihn und seine Partei "Harmoniezentrum" gestimmt. Die Nationalität hat bei der Wahl kaum eine Rolle gespielt - das ist neu in der lettischen Politik.

Nationenübergreifend akzeptiert

Ein Mann im Anzug sitzt an einem Schreibtisch (Foto: Birgit Johannsmeier)
Der 33-jährige Nils Uzakovs regiert RigaBild: DW

In Lettland ist ein Drittel der Bevölkerung russischer Herkunft. Wie die Großeltern von Nils Uzakovs sind die meisten von ihnen im Sozialismus hier angesiedelt worden. Sie sollten das kleine Land politisch unterwandern. Im Alltag gab die russische Sprache lange Zeit den Ton an.

Das änderte sich mit der lettischen Unabhängigkeit 1991: Lettisch wurde zur Staatssprache erklärt und die Russen verloren ihre Privilegien, die sie in der Zeit der Mitgliedschaft in der Sowjetunion erhalten hatten. Wer heute einen lettischen Pass haben will, muss erst eine Sprachprüfung bestehen. Ansonsten bekommt er einen so genannten Nichtbürger-Pass. Auch Nils Uzakov hatte einmal einen solchen Pass. Doch vor zehn Jahren entschied er sich bewusst für eine Zukunft in Lettland, nahm Nachhilfe in Lettisch und bestand die Sprachprüfung.

Seine Eltern dagegen verzichten bis heute auf ihr Recht zu wählen oder ein Amt in der Politik zu übernehmen und bleiben staatenlos - genau wie Hunderttausende andere, die die Sprachprüfung nicht bestanden haben oder sie nicht bestehen wollen.

Große Pläne für die Zukunft

Blick auf ein reich verziertes Haus am Rathausplatz (Foto: Birgit Johannsmeier)
Rigas Blütezeit war Ende des 19. Jahrhunderts - Uzakovs will die Stadt erneut zum Blühen bringenBild: DW

Die Menschen in Riga erwarten von ihrem neuen Bürgermeister vor allem eines: die Rettung aus der Wirtschaftskrise. Denn alle Gehälter im Öffentlichen Dienst wurden um 20 Prozent gekürzt, Firmen schließen und Zehntausende werden jede Woche arbeitslos. Nils Uzakov und seine Partei haben soziale Garantien versprochen - als einzige im Wahlkampf. Uzakov sehe es als seine Pflicht an, jenen zu helfen, die sich nicht selbst helfen können, sagt er. "Unsere Bürger müssen den Winter überstehen. Deshalb werde ich dafür sorgen, dass Rentner und Arbeitslose sich wieder auf Russisch informieren dürfen."

Der neue Bürgermeister hat auch schon Ideen, wie er an die nötigen Mittel für seine Sozialpläne kommen kann: Er will die Kontakte in den Osten erneuern, die seit Lettlands Unabhängigkeit auf Eis gelegen haben. Riga solle wieder, wie bereits Ende des 19. Jahrhunderts, als Brücke zwischen Ost und West fungieren. Damals wurden an der Baltischen Ostseeküste deutsche Fabriken gegründet, um schnell in den Osten exportieren zu können. Er habe mit dem Botschafter Weißrusslands gesprochen, sagt Nils Uzakovs: "Die Weißrussen wollen über unseren Hafen in den Westen exportieren." Das schaffe Arbeitsplätze und bringe Steuereinnahmen. Uzakovs denkt in großen Dimensionen: "Die lettische Hauptstadt kann auch für russische und asiatische Betriebe das Fenster in den Westen werden."


Autorin: Birgit Johannsmeier
Redaktion: Julia Kuckelkorn