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Ein buchstäblicher Pechvogel

Aliki Reichenberger18. Juni 2004

Donald Duck feiert Geburtstag. Der vom Pech verfolgte Erpel amüsiert mit seiner Tölpelhaftigkeit und ist doch auch Identifikationsfigur. Ein Porträt zum 70. Geburtstag.

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Der Anti-Held wird 70Bild: AP/Ehapa Verlag

"Wollt ihr was von mir?" soll er in einem ersten cholerischen Anfall geschrien haben, als er als Schlammbatzen durch ein offenes Fenster der Disney-Studios auf den Schreibtisch flog, mitten in eine Runde von Autoren. So erzählte es jedenfalls Walt Disney selbst. Die übrige Welt aber datiert Donalds Geburtstag auf den 9. Juni 1934, als er erstmals in dem Cartoon "The Wise Little Hen" auf der Leinwand erschien.

Mickeys Antithese

Es war zunächst nur eine Nebenrolle, in der er einen kleinen Tanz aufführen durfte. Doch noch im selben Jahr wurde seine Rolle ausgebaut, sein zweiter Auftritt in "Orphan's Benefit" ist schon erheblich länger. Diesen Aufstieg hat er ausgerechnet seinem Kollegen Mickey Mouse zu verdanken, dem ersten Superstar der Disney-Studios, dem er schnell den Ruhm ausspannt. "Mickey ist unser Problemkind", soll Walt Disney festgestellt haben. "Mickey muss immer süß sein, immer liebenswert. Was kann man mit einem solchen Hauptdarsteller machen?"

Das Problem war vor allem, dass Mickey in seiner streberhaften Liebenswürdigkeit dem Publikum wenig Identifikationsmöglichkeiten bot. Ganz anders Donald: Er ist von allerlei Widrigkeiten des Lebens gebeutelt, tölpelhaft, aber tapfer, streitsüchtig, aber doch harmoniebedürftig, ständig pleite aber optimistisch. Er neigt zur Selbstüberschätzung, will etwas darstellen, und bekommt immer wieder die Lektion erteilt, dass er ein Niemand ist.

Sisyphos der Comicwelt

Daisy Duck - Portrait
Langzeitverlobte Daisy

Identifizieren kann sich bestimmt auch manch einer mit Donalds romantischer, doch bis heute rein platonischer Liebe zu Daisy. Seit 1940 ist sie ihm versprochen, doch die leicht oberflächliche, Wimpern klimpernde Verlobte ist wankelmütig. Ständig muss Donald darum kämpfen, dass sie ihm nicht von Gustav Gans, seinem vom Glück geküssten Gegenspieler, ausgespannt wird. Ähnlich ungeschickt wie in Liebesdingen stellt sich Donald auch in Geldangelegenheiten an. Er ist faul, sucht Arbeit nur aus Not gedrungen, wird meist schlecht bezahlt und scheitert in jedem Metier.

Dabei hat er wirklich alles probiert, um das Glück zu finden: er war schon Briefträger, Museumswächter, Kleingärtner, Feuerwehrmann, Hilfspolizist und Imbissbudenbesitzer, um nur einige zu nennen. Und auch als Vormund seiner Neffen Tick, Trick und Track unterläuft ihm der eine oder andere pädagogische Schnitzer, aber die drei lieben ihn zum Glück aufrichtig. Sooft Donald auch vom Leben oder seinen eigenen Unzulänglichkeiten niedergestreckt wird, er steht immer wieder auf. Als Sisyphos der Comicwelt wurde er zum Publikumsliebling.

Mag er in Entenhausen auch weiterhin vom Pech verfolgt sein, in der wirklichen Welt ist er längst das, was er immer sein wollte: ein Star - geliebt und gefeiert.