1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

UNESCO-Streit

27. Mai 2009

Die im Herbst anstehende Wahl des neuen UNESCO-Chefs sorgt schon jetzt für Ärger: Der aussichtsreichste Kandidat, Ägyptens Kulturminister Faruk Husni, ist bereits häufig durch antisemitische Äußerungen aufgefallen.

https://p.dw.com/p/HxeR
Faruk Husni posiert neben einer Statue der Göttin Isis (Foto: dpa)
Seit 20 Jahren Ägyptens Kulturminister: Faruk HusniBild: picture alliance / dpa

Im Oktober soll bei der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (UNESCO) ein Nachfolger für den amtierenden Generaldirektor Koichiro Matsuura bestimmt werden. Noch bis Ende Mai können Kandidaten vorgeschlagen werden, doch schon jetzt gilt der ägyptische Kulturminister Faruk Husni als aussichtsreichster von vier Kandidaten - zumal jetzt inoffiziell den arabischen Ländern der Chefsessel in der UN-Kulturabteilung zusteht.

UNESCO-Generaldirektor Koichiro Matsuura (Foto: AP)
Wird Husni Nachfolger von Matsuura?Bild: AP

Doch die mögliche Ernennung von Faruk Husni stößt weltweit auf Kritik, denn der Ägypter war in der Vergangenheit mehrfach durch antisemitische Äußerungen aufgefallen. Der Deutsche Kulturrat erklärte am Montag (26.05.200) seine Besorgnis angesichts Hosnis Befürwortung der Verbrennung israelischer Bücher. "Die Wahl von Faruk Husni zum neuen Generaldirektor der UNESCO wäre ein großer Fehler. Denn jemandem, der unter dem begründeten Verdacht steht, die Vielfalt der Kulturen nicht zu achten, kann das wichtigste Amt der Weltkulturpolitik nicht angetragen werden", hieß es in einer veröffentlichten Erklärung des Kulturrat-Geschäftführers Olaf Zimmermann, und weiter: "Eine solche Verantwortung darf nicht in die Zuständigkeit einer Person fallen, die nicht zweifelsfrei die Grundsätze der UNESCO verinnerlicht hat."

Kandidatur schon länger bekannt

Husnis Bewerbung ist bereits seit längerem bekannt, sie hatte aber erst Aufmerksamkeit erregt nach einem Gastbeitrag in der französischen Zeitung "Le Monde" vom 21. Mai 2009: Darin hatten der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy, der Regisseur Claude Lanzmann und der amerikanische Schriftsteller und Holocaust-Überlebende Elie Wiesel vor Husni als "geistigem Brandstifter" gewarnt. Demnach habe Faruk Husni 2001 erklärt, dass Israel "nie einen Beitrag zur Zivilisation geleistet" und sich "immer nur die Güter anderer angeeignet" habe. Ferner soll er die israelische Kultur als "unmenschlich, aggressiv, rassistisch und überheblich" bezeichnet haben. Sie stehle, was ihr nicht gehöre, "um es anschließend als das Eigene auszugeben".

Wiederholt soll Hosni das Klischee der jüdischen Weltverschwörung kolportiert haben, etwa als er 2001 in der Zeitung "Ruz al-Yusuf" behauptet habe, dass Israel von den internationalen Medien unterstützt werde, die "von Juden infiltriert" seien. Im ägyptischen Parlament soll er 2008 einem Abgeordneten, der befürchtete, es könnten auch israelische Bücher in die Bibliothek von Alexandria aufgenommen werden, sinngemäß gesagt haben: "Bring mir diese Bücher, ich werde sie vor deinen Augen verbrennen!"

Disqualifikation für das Amt

Charlotte Knobloch (Foto: dpa)
Kritisiert Husni scharf: Charlotte KnoblochBild: picture-alliance/ dpa

Auch die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat Husnis potenzielle Chancen auf eines der weltweit wichtigsten Kulturämter scharf kritisiert und an Deutschland und andere westliche Länder appelliert, seine Wahl zu verhindern. In einem Radiointerview sagte sie, Husni habe sich "durch seine eindeutigen antisemitischen und antiisraelischen Äußerungen" für das Amt des UNESCO-Generaldirektors "disqualifiziert". Die fehlende klare Verurteilung von Hosnis "Verbalattacken gegen den jüdischen Staat und das Judentum" durch deutsche UNESCO-Vertreter hält sie für "absolut unverständlich". Die deutsche Politik hätte sich schon längst in die Debatte einschalten müssen, kritisierte Knobloch.

Die Bundesregierung will sich hingegen die Entscheidung über den künftigen UNESCO-Generaldirektor offen halten. Das Auswärtige Amt verwies am Dienstag (26.05.200) in Berlin darauf, dass die Bewerbungsfrist für mögliche Kandidaten erst zum Monatsende auslaufe. "Wir werden das Ende der Frist abwarten und das Bewerberfeld dann sorgfältig sondieren", sagte eine Sprecherin. Zum Streit über die Kandidatur Husnis äußerte sie sich nicht.

Israel hat seinen Widerstand gegen eine Wahl von Faruk Husni zum neuen UNESCO-Generaldirektor aufgegeben. Dies bestätigte am Dienstag der Sprecher des israelischen Außenministeriums in Jerusalem, Jigal Palmor. Die israelische Regierung komme damit einer Bitte des ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak nach, hieß es.

Widerstand in der Heimat

Husni selbst befindet sich zurzeit im Ausland. Auf die Vorwürfe angesprochen, spielte der 70-Jährige seine Aussagen herunter. Das Zitat über die Bücherverbrennung etwa sei aus dem Kontext gerissen und nur metaphorisch gemeint; das Ganze sei ein Hinterhalt der Regierungen von Israel und den USA. Husni ist bereits seit über 20 Jahren Kulturminister in Ägypten.

Doch auch in seiner Heimat ist er umstritten. Auf der Internetplattform Facebook haben ägyptische Kritiker eine Seite unter dem Titel "Ägypter gegen die Nominierung Faruk Husnis" eingerichtet. Dort heißt es: "Husni ist der Mann, der die ägyptische Kultur seit 20 Jahren ruiniert." (ina/aa/dpa/afp/ap)