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Ehre für den Tollpatsch

25. April 2008

Es gibt nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, sondern auch derartige Wörter. Das Goethe-Institut und der Deutsche Sprachrat haben erstmals in einem Wettbewerb das beste eingewanderte Wort gekürt.

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Das Wort "Tollpatsch" auf einer Tafel geschrieben (25.4.2008, Quelle: DW)
So sieht ein Wort-Gewinner ausBild: DW

Auf den ersten Platz wurde der aus dem Ungarischen eingewanderte "Tollpatsch" gewählt. Platz zwei belegte die deutsch-tamilische Verbindung "Currywurst" und Nummer drei wurde der aus dem Griechischen entlehnte "Engel".

Vicco von Blülow alias "Loriot" gehört mit zur Jury (5.3.1999, Quelle: dpa)
Vicco von Blülow alias "Loriot" gehört mit zur JuryBild: dpa

Eine Jury aus Sprachexperten und Prominenten, unter ihnen Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse, Anne Will und Loriot, wählte die Wörter aus. Die Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, kürte die Sieger am Freitagabend (25.04.2008) im Bode-Museum in Berlin.

Vorschläge aus 42 Sprachen

Seit Ende Oktober hatten das Goethe-Institut und der Deutsche Sprachrat in einer internationalen Ausschreibung nach den besten eingewanderten Wörtern gesucht. Bis Ende Februar gingen mehr als 3500 Einsendungen ein. Vorgeschlagen wurden Wörter aus 42 Sprachen, die ins Deutsche aufgenommen wurden. Häufigster Vorschlag war "Fisimatenten", laut Duden ein "unernstes albernes Verhalten". Unklar ist allerdings die Herkunft des Begriffs. Populär war unter den Einsendern auch das aus dem Hebräischen entlehnte "Tohuwabohu" für "Unordnung, Durcheinander".

Die Jury wählte das beste Wort aber nicht nach der Anzahl der Einsendungen aus, sondern nach der Originalität der Erklärung. Die Hauptgewinnerin, Barbara Eulberg aus Berlin, überzeugte die Jury mit ihrer Begründung für das Wort "Tollpatsch": "Wir lachen über den Neuankömmling, aber integrieren den Migranten schnell und so konsequent, dass wir seinen Migrationshintergrund ganz vergessen haben." Das Wort – laut Duden ein "ungeschickter Mensch" - kommt vom ungarischen Wort "Talpas". So nannte man im 17. Jahrhundert ungarische Fußsoldaten, die breitfüßig und schwerfällig daher kamen.

Wörter mit glücklichen Ehen

Weder aus der Küche noch aus dem Wortschatz wegzudenken - die Cuyywurst (Quelle: dpa)
Weder aus der deutschen Küche noch aus dem deutschen Wortschatz wegzudenken - die CuyywurstBild: picture-alliance / dpa

Auch die "Currywurst", die Platz zwei belegte, liefert einen Beweis für die perfekte Eingliederung eines ursprünglich fremden Wortes. Das Wort ist aus der Tamilsprache Südindiens und Sri Lankas über das Portugiesische und Englische ins Deutsche eingewandert. "Curry" ging der Begründung zufolge eine glückliche Ehe mit der deutschen Wurst ein - für den Einsender Mark Mühlhäusler ein Traumpaar.

Der ursprünglich aus dem Griechischen kommende "Engel" landete auf Platz drei. Ihm sieht heute kaum einer seinen Migrationshintergrund an. "Der geflügelte Gottesbote hat sich sanft und leise in der deutschen Sprache und Symbolwelt niedergelassen", so der Einsender Klaus Göldner. Das Wort befindet sich in guter Gesellschaft mit vielen anderen Begriffen griechischer Herkunft, die aus dem Deutschen nicht mehr wegzudenken sind. Das gilt auch für das "Chaos", ursprünglich "leerer Raum", das Sieger im Jugendwettbewerb wurde.

Ohne Importe wäre die Sprache ärmer

Silhouette eines Engels (28.3.2002, Quelle: dpa)
Platz drei des Sprachwettbewerbs - EngelBild: pa/dpa

Auffällig ist, dass die Jury keinen der vielen Latein-Importe auswählte, ohne die die deutsche Sprache ärmer wäre: Die Ferien, das Interesse, die Linie, die Natur, die Puppe oder das Testament sind kaum zu ersetzen. Ebenso mied die Jury die oft gescholtenen Anglizismen. Lediglich der halb englische, halb deutsche "Milchshake" konnte sich im Schulklassenwettbewerb durchsetzen.

Während der Preisverleihung wurde auch das im Hueber-Verlag erschienene Buch zum Wettbewerb präsentiert, das unter dem Titel "Eingewanderte Wörter" die besten Einsendungen enthält. (vg)