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Länderportrait Ecuador

23. April 2009

"En la mitad del mundo“, in der "Mitte der Welt“ liegt der kleine Andenstaat Ecuador: Die Hauptstadt, Quito, ist nur 15 Kilometer von der Äquator-Linie entfernt. Dort regiert der linksgerichtete Präsident Rafael Correa.

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Tortuga Bay in Puerto Ayora
Ureinwohner in Ecuador kämpfen seit der spanishen Eroberung für ihre Rechte Foto: APBild: AP

Immer für eine Überraschung gut, stellte Präsident Correa der erstaunten Weltöffentlichkeit beim lateinamerikanischen Energiegipfel im April 2007 ein neues Konzept zu Umweltschutz und Energie vor. Seine Idee: Ecuador würde einen großen Teil seiner Ölreserven im Boden des Amazonasgebietes ungefördert lassen, wenn die internationale Gemeinschaft Geld dafür bezahle. So würden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: die Umwelt würde geschont und das Entschädigungsgeld für soziale und wirtschaftliche Entwicklung ausgegeben, so das Kalkül Correas.

Werben um Stimmen im Wahlkampf 2006
Correa-Anhänger nutzen jede Wahlwerbung im Kampf um Stimmen Foto: AP PhotoBild: AP

Mit Chavez und Morales in einem Boot

Gleich nach seiner Wahl vor zwei Jahren setzte sich der promovierte Wirtschafts-wissenschaftler auch für mehr Unabhängigkeit von den USA ein. Um endgültig aus der Schuldenfalle herauszukommen, gründete er gemeinsam mit seinen Amtskollegen Hugo Chávez aus Venezuela und Evo Morales in Bolivien im Dezember 2007 eine südamerikanische Entwicklungsbank, die "Banco del Sur“, als Alternative zur Weltbank und zum Internationalen Währungsfond (IWF). In den Folgemonaten schlossen sich dieser Bank bereits weitere lateinamerikanische Staaten an - unter ihnen Ecuador, Paraguay, Bolivien, Brasilien und Uruguay.

Durch den seit Mitte 2008 fallenden Erdölpreis hat Ecuador deutlich geringere Exporteinnahmen, was sich auf die gesamte Wirtschaft des Andenstaates auswirkt. Insgesamt steht Ecuadors Wirtschaft auf vier Säulen. Die großen Devisenbringer sind die Erdöl- und Erdgasreserven – vor allem im Amazonasgebiet. Ecuador lebt zudem von seiner großen Shrimp-Aufzucht und vielfältige Landwirtschaft. Wichtigste Anbauprodukte sind Bananen, Zuckerrohr, Maniok, Mais, Reis und Kartoffeln, aber auch Kaffee, Kakao und Zitrusfrüchte.

Zudem zählt das Meer vor den Galápagos-Inseln zu den thunfischreichsten Gewässern der Welt und wird als beliebtes Urlaubsziel besonders von Europäern und Amerikanern genutzt. Jedes Jahr kommen etwa 500.000 Besucher nach Ecuador.

Treffen der Regierungschefs der Andenstaaten
Präsident Rafael Correa mit seinen Amtskollegen Hugo Chavez aus Venezuela (links) und Evo Morales aus Bolivien Foto: dpaBild: picture-alliance/ dpa

"Das Ende der traurigen neoliberalen Nacht“

Den vielzitierten "Linksruck“ in Lateinamerika wird auch der jetzigen Regierung von Präsident Correa angelastet. Der heute 46-jährige hatte mit einem von ihm initiierten Referendum im September 2008 eine neue Verfassung in Ecuador installiert. Zum fünften Mal in nur zwei Jahren waren 9,6 Millionen Wahlberechtigte zu den Urnen gerufen worden und mit einer klaren Mehrheit ihrem Präsidenten gefolgt. Mit dieser neuen Verfassung gehe es laut Präsident Rafael Correa um das "Ende der langen und traurigen neoliberalen Nacht“ und den Beginn des sogenannten Sozialismus des 21. Jahrhunderts in Ecuador.

Seit der Zeit der spanischen Eroberung ist das Leben in Ecuador durch die Konfrontation zweier Kulturen gekennzeichnet: der europäischen und der indigenen. Obwohl sie je nach Quelle 20 bis 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen, werden die Indigenen, insbesondere der ländliche Bevölkerungsteil, weiterhin oft als unbedeutende Minderheit betrachtet und sind stark von Armut sowie sozialer Ausgrenzung betroffen.

Kinderarbeit und fehlende Schulbildung

Schulspeisung in Ecuador
Für die Kinder in dem Dorf ist die Schulspeisung am Mittag eine willkommene Pause vom Unterricht Foto: Jan RonneburgerBild: picture-alliance/ dpa

Eine Verbesserung der Lage ist erst mit dem Ende des Wahlverbotes für Analphabeten im Jahr 1979 und der Gründung der "Konförderation der indigenen Nationalitäten Ecuadors“ (1986), CONAIE, eingetreten. Als neue politische Kraft schaffte es die CONAIE, die Gesellschaft für die Probleme der indigenen Bevölkerung zu sensibilisieren und den Indigenen eine Stimme im politischen System, durch die Partei "Pachakutik“, zu verschaffen. Bei den letzten Kongresswahlen im Jahr 2006 erhielt die Partei sechs Mandate und auch in der Verfassung werden der indigenen Bevölkerung jetzt mehr Rechte zugesprochen als je zuvor.

Ebenfalls für die eigene Rechte versuchen sich die Frauen Ecuadors stark zu machen. Sie haben sich der Oppositionsbewegung der Indigenen, Studenten und Gewerkschaften angeschlossen, um so ihren Forderungen Gehör zu verschaffen. Hierzu gehört auch ihr Anspruch auf freien Zugang zu Bildung und Forschung.

Arbeitsmigration in die USA

Zwei Drittel der ecuadorianischen Kinder zwischen sechs und fünfzehn Jahren gehen nicht zur Schule und nur etwa drei Viertel der Jungen und Mädchen schaffen nach einer Grundausbildung den Weg auf weiterführende Schulen. Diese werden nicht vom Staat bezahlt und damit fallen pro Kind Schulgebühren, Kosten für Material, Uniform und Verpflegung an. Für viele Familien unerschwinglich, zumal der Nachwuchs benötigt wird, um das miserable Familieneinkommen aufzubessern.

Kinderarmut ist in Ecuador weit verbreitet. Schätzungsweise 34 Prozent der Jungen und Mädchen im Alter zwischen zehn und 14 Jahren müssen arbeiten gehen. Sie verrichten oft niedere Tätigkeiten, helfen bei der Ernte auf dem Feld oder gehen Schuhe putzen in einer der größeren Städte Ecuadors.

Dabei ist in dem Andenstaat etwa jeder zehnte Einwohner ohne Arbeit, was viele gerade junge Menschen ins Ausland, zum Beispiel in die USA, nach Spanien oder Italien, treibt. Allein im Jahr 2003 wurden mehr als 600.000 Auswanderer registriert und die Überweisungen der Migranten aus ihrer neuen Heimat sind nach dem Öl zu einer wichtigen Einnahmequelle des Landes geworden.

Autor: Stephanie Gebert

Redaktion: Mirjam Gehrke