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Boeings Monopol bröckelt

1. März 2008

Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS und sein US-Partner Northrop Grumman haben den Zuschlag für einen milliardenschweren Großauftrag der US-Luftwaffe erhalten. Einige US-Politiker reagierten entsetzt.

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Bislang wurden zum Betanken von US-Kampfjets Boeings verwendetBild: picture-alliance/ dpa

Im Prestigeduell um einen Milliarden-Vertrag der US-Luftwaffe hat der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS zusammen mit einem amerikanischen Partner Northrop Grumman den Zuschlag vor seinem Hauptkonkurrenten Boeing bekommen. Die am Freitag in Washington bekanntgegebene Entscheidung über den Auftrag zum Bau von 179 Tankflugzeugen bricht ein fast 50-jähriges Monopol von Boeing bei der Lieferung solcher Transportflugzeuge für die US-Luftwaffe. Es geht um ein Volumen von 35 Milliarden Dollar (23 Milliarden Euro).

EADS -Chef Louis Gallois bezeichnete den Milliarden-Auftrag der US-Armee als einen "fabelhaften Sieg" über den Konkurrenten Boeing. "Wir sind sehr stolz, auf dem amerikanischen Markt über Boeing gesiegt zu haben", sagte Gallois dem französischen Sender France Info am Samstag (01.03.08). "Wir werden in Alabama eine Montagelinie aufbauen. Dort werden die Flugzeuge aus Teilen zusammengebaut, die zum Teil in Europa hergestellt werden", fügte er hinzu. Auf diese Weise sollen sowohl in den USA als auch in Europa Arbeitsplätze geschaffen werden. "Eine Größenordnung können wir noch nicht angeben", sagte Gallois.

Northop feiert

Dem Airbus-Mutterkonzern gelang durch die Entscheidung des Pentagon überraschend der Einstieg in den US-Rüstungsmarkt. Das Unternehmen war eigens für die Ausschreibung des Pentagon eine Partnerschaft mit Northrop eingegangen, da das Verteidigungsministerium den Auftrag nur an Firmen vergeben wollte, die ihre Flugzeuge in den USA bauen.

Northrop Grumman feierte den Zuschlag als eine riesige Chance, "wie sie nicht oft in dieser Größe kommt", wie der Vorstandsvorsitzende Ronald Sugar sagte. "Wir sehen das als sehr wichtige Komponente unseres Geschäfts für viele Jahre." Bei dem Auftrag handelt es sich um den ersten Teil eines dreiteiligen Gesamtpakets, das in 30 Jahren ein Gesamtvolumen von 600 Flugzeugen und 100 Milliarden Dollar erreichen soll.

Größe ausschlaggebend

Boeing, das als Flugzeugbauer der bisherigen KC-135 Stratotanker-Flugzeuge von Analysten als Favorit für die Auftragsvergabe gehandelt worden war, zeigte sich enttäuscht. Sprecher William Barsdale sagte, der Konzern werde das Pentagon um eine Nachbesprechung bitten. Er räumte indirekt einen Protest Boeings gegen die Entscheidung ein. "Sobald wir die Details hinter der Auftragsvergabe überprüft haben, werden wir eine Entscheidung über etwaige Möglichkeiten treffen", sagte Barsdale.

Die US-Luftwaffe gab wenig Hinweise, was den Ausschlag für ihre Entscheidung gegeben habe. General Arthur Lichte sagte, für EADS-Northrop habe die Größe gesprochen: "Mehr Passagiere, mehr Fracht, mehr Treibstoff zum umtanken."

Fabrikbau in den USA

Ein Analyst von Stifel, Nicolaus & Co, Troy Lahr, sagte, es sei überraschend, dass Boeing nicht mit seinem Entwurf das Rennen gemacht habe, bei dem die Anschaffungskosten pro Flugzeug 35 Millionen Dollar niedriger sei. "Sieht so aus, als ob der Luftwaffe Leistungsvermögen vor Kosten gegangen ist", schrieb er.

EADS hatte bereits Mitte Januar erklärt, dass der Konzern im Fall eines positiven Zuschlags eine Flugzeugfabrik in den USA bauen wolle. Auch einen Standort im US-Staat Alabama hat sich die EADS-Führung schon ausgeguckt. Die Fabrik in der Stadt Mobile wäre die erste Flugzeugfabrik seit mehr als 40 Jahren, die in den USA neu errichtet wird. Dort sollen rund 2000 Arbeitsplätze neu entstehen.

Entsetzen im US-Kongress

Der überraschende Zuschlag für EADS führte zu heftigen Reaktionen im US-Kongress. Abgeordnete und Senatoren aus Bundesstaaten mit einer starken Präsenz des Verlierers Boeing wie Washington und Kansas äußerten sich entsetzt und kündigten Widerstand an. Der republikanische Abgeordnete Todd Tiahrt aus Kansas kündigte eine strenge Prüfung der Entscheidung an. "Wir sollten einen amerikanischen Tanker haben, der von einer amerikanischen Firma mit amerikanischen Arbeitern gebaut wurde", erklärte er.

Die beiden demokratischen Senatorinnen aus Washington, Patty Murray und Maria Cantwell, kritisierten zusammen mit sechs anderen Abgeordneten des Bundesstaates das Ergebnis scharf. "Wir sind empört, dass durch diese Entscheidung das europäische Unternehmen Airbus und ausländische Arbeiter ausgesucht werden, um unser amerikanisches Militär mit einem Tanker zu beliefern." Die Wahl werde scharf hinterfragt werden. "Wir freuen uns darauf, die Rechtfertigung der Luftwaffe zu hören." (stl)