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E-Mobilität: Aus der Nische in den Massenmarkt?

Hilke Fischer (mit Agenturen)2. August 2016

Geringe Reichweite, zu wenig Ladestationen, zu teuer: Mit 0,6 Prozent Marktanteil sind Elektroautos in Deutschland noch immer Ladenhüter. Bundesregierung und Autoindustrie wollen das ändern.

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Elektroautos der Marke Smart des Carsharing-Anbieters Car2Go an einer Aufladestation am Potsdamer Platz in Berlin
Bild: imago/A. Prost

Es ist ein ambitionierter Plan: Eine Million Elektroautos will die Bundesregierung bis 2020 auf deutschen Straße sehen. Weniger als vier Jahre vor Ablauf dieser Frist ist dieses Ziel noch in weiter Ferne. Zu Jahresbeginn waren in Deutschland rund 25.500 Elektroautos zugelassen. Hinzu kommen rund 130.000 PKW mit Plug-in-Hybrid-Antrieb, also einem Verbrennungsmotor, der mit einem Elektromotor gekoppelt ist. Nur rund 0,6 Prozent der Autos hierzulande fahren mit Strom statt Benzin.

Wer ein Elektroauto besitzt, der fährt es in der Regel als Zweitwagen. Reichweiten von unter 200 Kilometern, lange Ladezeiten und zu wenige öffentliche Ladestationen schrecken potenzielle Kunden ab. Hinzu kommt der Preisfaktor: So kostet zum Beispiel die Mercedes B-Klasse in der E-Version mit rund 39.000 Euro fast 13.000 Euro mehr als die Basisversion mit Benzinmotor.

Kaufprämie soll Verkauf ankurbeln

Mit dem sogenannten "Umweltbonus" will die Regierung nun versuchen, mehr Menschen zum Kauf eines Elektroautos zu bewegen. Wer sich ein bis zu 60.000 Euro teures Elektroauto kauft, bekommt eine Prämie von 4000 Euro; wer sich ein Auto mit Plug-In-Hybrid-Antrieb anschafft, kann einen Zuschuss von 3000 Euro beantragen. Bund und Autoindustrie teilen sich die Kosten von insgesamt 1,2 Milliarden Euro.

Elektroautos an Ladestation in Berlin Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Die Bundesregierung will 15.000 neue Ladestationen bauen lassenBild: picture-alliance/dpa/B. Jutrczenka

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will Käufer von Elektroautos nun auch für zehn Jahre statt bisher für fünf Jahre von der Kfz-Steuer befreien. Außerdem finanziert der Staat mit 300 Millionen Euro den Aufbau von 15.000 neuen Strom-Tankstellen. Bislang gibt es rund 5700 öffentliche Ladepunkte in Deutschland.

Das Interesse der Autokäufer an E-Autos ist trotz Prämie verhalten: Drei Wochen nach dem Start sind beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erst 1234 Anträge eingegangen.

Autobauer setzen auf E-Mobilität

Die deutschen Autobauer sehen in der E-Mobilität dennoch einen großen Zukunftsmarkt: Volkswagen hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2018 zum "Marktführer in der E-Mobilität" aufzusteigen und bis 2025 mehr als 30 rein batteriegetriebene Modelle auf die Straße zu bringen. In zehn Jahren sollen Elektroautos ein Viertel des Absatzes ausmachen.

Um die dafür notwendige Menge an Batterien zu günstigen Preisen zur Verfügung zu haben, denkt die Unternehmensführung über den Einstieg in eine eigene Produktion nach. Bislang stammen die Batterien deutscher Elektroautos von asiatischen Hightech-Firmen wie Panasonic, Samsung und LG. Die Batterie-Technologi zu beherrschen sei enorm wichtig, um sich auf dem Markt zu behaupten, sagt Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach: "Solange man nur zukauft, ist man bei den Zellen nur auf dem Stand anderer Wettbewerber, aber man fährt nie vorneweg."

Eine Daimler-Mitarbeiterin bei der Batterie-Produktion Foto: Arno Burgi/dpa
Daimler lässt bereits Batterien für Elektroautos in Deutschland fertigenBild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Auch Daimler hat jüngst eine größere Investition in die Batterieproduktion bekanntgegeben. Seit 2012 stellt das Unternehmen in Sachsen Batterien für Elektroautos her.

Auf dem Pariser Autosalon im September dieses Jahres will Daimler ein neues Langstrecken-Elektroauto vorstellen. Es soll eine Reichweite von rund 500 Kilometern haben. Entwicklungsvorstand Thomas Weber ist optimistisch, dass dadurch weitere Kunden angelockt werden: "Bis 2020 wird Elektromobilität bei Daimler sechsstellig." Im Jahr 2015 hatte Daimler in Deutschland nach Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamtes rund 3000 E- und Hybrid-Autos abgesetzt.

Sorge vor Image-Verlust

Leistungsfähige Batterien gelten als eine Schlüsselkomponente für massentaugliche Elektroautos. Experten warnen, dass ihnen im Moment wegen unrealistischer Reichweiten-Angaben ein schwerer Image-Verlust droht: Derzeit werden die Reichweiten nach dem alten europäischen Fahrzyklus ermittelt. Dabei werde nicht nur der Stromverbrauch im Fahrbetrieb, sondern auch der Einfluss der Heizung und der Klimaanlage auf die Reichweite unterschätzt, so Willi Diez, Chef des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen: "Die Reichweite in der Alltagsnutzung kann 20 bis 40 Prozent niedriger sein als vom Hersteller beworben."