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Dünger aus dem Klo

19. November 2009

Über den Gang zur Toilette redet man nicht. Um das zu ändern, hat die Welttoilettenorganisation den 19. November zum Toilettentag erklärt. Klingt zunächst witzig - ist es aber nicht. Denn es gibt einiges zu überdenken.

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Eine Separationstoilette (Foto: DW)
Eine SeparationstoiletteBild: Martin Riebe

2,5 Milliarden Menschen haben keine Toilette und verrichten ihre Notdurft in stinkenden Erdlöchern oder im Freien. Durch verseuchtes Wasser sterben deshalb jährlich mehr als 2 Millionen Kinder. Wir hingegen spülen unser kleines und großes Geschäft mit wertvollem Trinkwasser in den Kanal und verwandeln so pro Person und Jahr unglaubliche 30.000 Liter sauberes Wasser in schmutziges Abwasser. Hier wie dort gehen die wertvollen Nährstoffe in den menschlichen Ausscheidungen verloren.

Die Separationstoilette

Die Lamberstmühle (Foto: DW)
Die Lambertsmühle beschreitet neue Wege bei der AbwasserentsorgungBild: Martin Riebe

Doch es geht auch anders. Ein ökologisches Abwasserkonzept verfolgt die Lambertsmühle im Bergischen Land - eine historische Wassermühle, die heute ein Museum mit viel Platz zum Feiern ist. Einen Anschluss an den Abwasserkanal gibt es nicht. Man sammelt Urin und Kot getrennt in Behältern. Herzstück der Anlage ist das Trennklo, auch Separationstoilette genannt, die Festes und Flüssiges trennt.

Rolf Engelhardt vom Förderverein der Lambertsmühle erklärt wie die Toilette funktioniert: "Das besondere an dieser Toilette ist, dass wenn man sich auf die Klobrille setzt, vorne der Urinablauf geöffnet wird und so der Urin abfließen kann. Die Dickstoffe fallen hinten runter und werden nachher mit wenig Wasser abgespült."

Rolf Engelhardt vom Förderverein der Lambertsmühle (Foto: DW)
"Hier kommt der Dünger hin", erklärt Rolf Engelhardt vom Förderverein der LambertsmühleBild: Martin Riebe

In der Lambertsmühle wird aus Kot und Toilettenpapier binnen drei bis drei Jahren ein hygienisch einwandfreier, wertvoller Humus, der im mühleneigenen Garten eingesetzt wird. Der Urin - reich an Stickstoff, Kalium und Phosphat - wird auf Feldern in der Nähe ausgebracht. Das spart nicht nur eine Menge Geld, auch die Nährstoffkreisläufe werden so geschlossen.

Kunstdünger aus Urin

Einen Schritt weiter geht ein Projekt des Instituts für Pflanzenernährung der Uni Bonn. Anstatt mit flüssigem Urin zu düngen wird hier aus menschlichem Urin ein pulverförmiger Kunstdünger gewonnen. Die im Urin gelösten Pflanzennährstoffe werden durch ein Salz zum Ausflocken gebracht. Die Flöckchen enthalten Stickstoff, Magnesium und Phosphor. So entsteht ein schwer löslicher Mehrkomponentendünger, der direkt in der Landwirtschaft eingesetzt werden kann und praktisch die gleichen Erträge liefert wie herkömmlicher Mineraldünger.

Joachim Clemens, Agrarwissenschaftler an der Uni Bonn sieht noch einen weiteren Nutzen: "Der Hauptvorteil ist eine Massenreduktion. Urin ist flüssig und das hier", er hält ein honigglas-großes Gefäß mit dem pulverförmigen Urin-Dünger in der Hand, "entspricht etwa 100 Liter Urin. Und, riechen Sie mal, riecht nicht mehr. Und wenn Sie am Urin riechen, da halten Sie ihre Nase nicht so lange ran".

Die Wiederverwertung von Urin oder Fäkalien ist mehr als vernünftig - für Entwicklungsländer ebenso wie für Industrieländer. Produzieren wir Dünger statt Abwasser im Klo schonen wir die Umwelt, verbessern die Wasserqualität und sparen die Herstellung und den Kauf teurer Düngemittel. In Asien und Afrika rettet sauberes Trinkwasser gar Menschenleben.

Autor: Martin Riebe

Redaktion: Kay-Alexander Scholz