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Razzia per Mausklick

Marcus Bösch7. April 2007

Bundesinnenminister Schäuble plant schärfere Sicherheitsgesetze. Beamte des Bundeskriminalamtes sollen heimlich private PCs ausspionieren dürfen. Wie genau geht das? Und verhindert man so Terrorangriffe?

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Unter einer Lupe ist auf einem Computermonitor in Schwerin der Schriftzug "Internet" zu lesen.
Bequem spionierenBild: picture-alliance/dpa

Wie genau das Bundesamt für Verfassungschutz private PCs ausspäht, ist unklar. Dass die Behörde es darf aber nicht. Der Bundesgerichtshof hatte zwar Anfang Februar 2007 die so genannte Online-Durchsuchung durch staatliche Ermittler wegen fehlender Rechtsgrundlage untersagt. Das gelte aber nicht für den Verfassungsschutz, erklärte die Regierung auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion Ende März.

Nach Herzenslaune bedienen

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble spricht am Freitag (30.03.2007) beim Bundeskriminalamt in Berlin (Quelle:dpa)
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble schaltete am 30.3. die jahrelang umstrittene Antiterrordatei freiBild: picture-alliance/ dpa

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble reicht das nicht. Er plant die weitere Verschärfung der deutschen Sicherheitsgesetzte. Man müsse mit dem digitalen Quantensprung mithalten. Das Internet sei für Terroristen "Fernuniversität und Trainingscamp" geworden. Daher müsse unter anderem die heimliche Online-PC-Durchsuchung zur Gefahrenabwehr erlaubt werden. Innenexperten der SPD seien grundsätzlich zu den Änderungen bereit, heißt es aus dem Ministerium. Datenschützer warnen.

"Es gibt bei der Online-Durchsuchung prinzipiell keine Grenzen. Wenn die Behörden erst einmal auf dem Computer eines Betroffenen sind, dann können sie sich da nach Herzenslaune bedienen", sagt Frank Rosengart vom Chaos Computer Club. Der deutsche Verein von Computerhackern kennt sich bestens mit dem Eindringen in fremde Systeme aus.

Schutzlos ausgeliefert?

Ein Hacker malträtiert sein Arbeitsgerät (Quelle: AP)
The Hack - ein jugendlicher Hacker in AktionBild: AP

Vielfältig sind die Methoden, um auf einen fremden Computer mit Internetzugang zuzugreifen. Ob unentdeckte Sicherheitslücken, manipulierte Software-Updates oder kleine Programme versteckt in harmlos wirkenden Dateien - technisch gesehen stellt das Eindringen in die Tiefen eines privaten PCs für Hacker meistens keine unüberwindbare Hürde dar. "Als Privatanwender bin ich der Sache schutzlos ausgeliefert", sagt Rosengart. Dann ist es möglich, bequem am Schreibtisch per Knopfdruck und in Echtzeit, der Nutzung eines fremden PCs beizuwohnen.

Für ermittelnde Behörden ein Traumszenario. Viel zu oft mussten die nämlich feststellen, dass mühsam vor Ort konfiszierte Computer und Festplatten fast unentschlüsselbar kodiert waren. Bei der Online-Durchsuchung in Echtzeit kein Problem. Denn bei der Bearbeitung einer verschlüsselten Datei ist diese uncodiert.

Wohnung mit dem Laptop-Mikro abhören

Mit wem der Benutzer gerade mailt, chattet, über das Internet telefoniert, ob er Passwörter eingibt oder Online-Banking betreibt - das alles kann zeitgleich mit angesehen und kontrolliert werden. Medienberichten zufolge soll ein Abhörprogramm der auf Netzwerksicherheit spezialisierten Firma "ERA IT Solutions" in der Lage sein, die Mikrofone vieler damit ausgestatteter Laptops unbemerkt zum Abhören einzuschalten. Das Programm der Schweizer Firma wird offenbar im Nachbarland bereits eingesetzt.

Ein Student der Universität Potsdam sitzt am 22.09.2005 in Potsdam mit einem Latop auf einer Bank auf dem Campus des Hasso-Plattner-Instituts. (Quelle: dpa)
Ich weiß was du gerade eben getan hastBild: PA/dpa

Nur ob man mit diesen Mitteln wirklich die Richtigen trifft, ist für Datenschützer fraglich. "Die Leute, die professionell Straftaten begehen und wissen was sie da tun, können sich absichern. Und dann laufen solche Maßnahmen ins Leere", sagt Rosengart. Er warnt davor, "dass so was zur Standardmaßnahme der Polizei werden könnte".

Die beunruhigende Meldung, dass ein so genannter Bundestrojaner zum Ausspähen privater Daten in der neusten Version des offiziellen elektronischen Steuerformulars ELSTER versteckt sei, wie auf der Homepage des Chaos Computer Clubs zu lesen ist, war allerdings nur der diesjährige Aprilscherz.