1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Durchsuchung bei Flüchtlingsheim-Betreiber

6. Oktober 2014

Nach dem Misshandlungsskandal in einer Asylunterkunft in Nordrhein-Westfalen steht jetzt der Betreiber European Homecare im Zentrum der Ermittlungen. Aber auch NRW-Innenminister Jäger gerät weiter unter Druck.

https://p.dw.com/p/1DR1a
Logo European Homecare in Essen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Ermittler haben nach den mutmaßlichen Übergriffen auf Asylbewerber die Essener Firmenzentrale des privaten Flüchtlingsheim-Betreibers European Homecare durchsucht. Dabei sei nach Beweisen zu möglichen Misshandlungen in der von dem Unternehmen betriebenen Notunterkunft in Burbach gesucht worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Nicht genannte Sicherheitskräfte hatten zuvor im WDR-Magazin "Westpol" Vorwürfe gegen European Homecare erhoben und behauptet, das Unternehmen sei über Strafmaßnahmen privater Sicherheitsleute gegen Flüchtlinge informiert gewesen und habe sie sogar teilweise selbst angeordnet.

Hausdurchsuchung bei European Homecare in Essen (Foto: dpa)
Hausdurchsuchung bei European Homecare in EssenBild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Das Essener Unternehmen räumte ein, dass es in Burbach einen Raum gegeben habe, in dem "beispielsweise alkoholisierte oder unter Drogen stehende Asylbewerber" eingeschlossen worden seien. Dieses so wörtlich "Konzept" werde in Zukunft nicht weiter verfolgt.

In der ARD-Sendung "Günter Jauch" kritisierte am Sonntagabend ein ehemaliger Wachmann aus Burbach, dass dort zuletzt sechs private Wachleute für rund 800 Flüchtlinge zuständig gewesen seien. Sie hätten jeweils in Zwölf-Stunden-Schichten gearbeitet. Der Mann berichtete auch davon, dass Asylbewerber Mitarbeiter angegriffen und verletzt hätten. Der Sicherheitsdienst habe oft bei Massenprügeleien unter den Flüchtlingen die Polizei um Hilfe gerufen.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (Foto: dpa)
NRW-Innenminister Ralf JägerBild: picture-alliance/ZB/Karlheinz Schindler

Innenminister vor Missständen gewarnt

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger räumte in der Talkshow bei Günter Jauch ein, dass die Kontrollen zu lasch waren. Die Landesregierung habe "zu wenig danach geschaut, ob die Vertragspartner die Standards bei der Behandlung der Flüchtlinge auch einhalten", sagte Jäger mit Blick auf die privaten Betreiber der Notunterkünfte. Dafür trage er die politische Verantwortung. Einen Rücktritt, wie ihn die nordrhein-westfälischen Oppositionspolitiker Armin Laschet (CDU) und Christian Lindner (FDP) forderten, lehnte der SPD-Minister Jäger aber weiterhin ab.

Jäger ist einem Bericht zufolge bereits vor Wochen über Probleme durch die Überbelegung von Asylunterkünften informiert worden. Wie das Nachrichtenmagazin "Focus" berichtete, warnte der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) Jäger in einem Brief vor einem "Systemkollaps". In dem Schreiben erklärte Sierau weiter: "Ich vermisse nach wie vor ein effizientes Krisenmanagement und stelle eine gewisse Trägheit angesichts zahlreicher Problemstellungen fest." Ein Sprecher Jägers bestätigte dem Evangelischen Pressedienst, das Düsseldorfer Innenministerium wisse zwar seit langem von der Überfüllung der Heime, nicht aber von den mutmaßlichen Misshandlungen von Asylbewerbern .

Übergriffe auf Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen soll es in Unterkünften in Essen, Bad Berleburg und Burbach gegeben haben. Bundesweit sorgten die Meldungen, dass Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen, die von den Betreibern der Unterkünfte eingestellt worden waren, Asylsuchende gequält oder verletzt haben für Erschrecken. Mittlerweile ermittelt die Polizei gegen elf Sicherheitsleute. Entsetzen löste die Veröffentlichung eines Bildes aus, auf dem ein Wachmann in Burbach seinen rechten Fuß in den Nacken eines am Boden liegenden, gefesselten Flüchtlings drückt.

Insgesamt werden im Jahr 2014 rund 200.000 Flüchtlinge in Deutschland erwartet, auf der Flucht vor unwürdigen Zuständen in ihrer Heimat, wie dem Terror der selbsternannten Gotteskrieger der "Islamischen Staates" oder vor selbstherrlichen Diktatoren.

qu/wl (dpa, afp, epd)