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Dunkle Wolken am Tourismus-Himmel

17. Dezember 2001

Seit Jahren gab es für die deutsche Tourismusindustrie nur eine Richtung - nach oben. Der Anteil der Pauschalreisen stieg stetig, die Unternehmen fuhren gute Gewinne ein. Doch die guten Zeiten sind vorbei.

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Wird man am Strand bald wieder ein freies Plätzchen finden?Bild: AP

Mehr als drei Monate nach den Terroranschlägen in den USA und am Rande der Rezession stehen Reisebüros und Pauschalreiseveranstalternun vor einem bislang unbekannten Problem: Die Kunden bleiben aus. In der Reisewelt ist der Himmel nicht mehr ganz so blau. Statt Sommer, Sonne, Strand bestimmen zurzeit Sparprogramme und Stellenstreichungen die Schlagzeilen.

Nach den Terroranschlägen sackten die Buchungen massiv ab. Weltmarktführer Preussag aus liegt in Deutschland und auch konzernweit zurzeit 10 Prozent unter dem Vorjahr, sagt Sprecher Herbert Euler. Deshalb wurde jetzt ein Sparprogramm gestartet. Der Auftritt auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin wird statt einer großen Inszenierung der neuen Dachmarke "World of TUI" eine kleine Lounge für Geschäftskontakte.

Selbst die größten Reiseanbieter müssen sparen

Dem schärfsten Preussag-Konkurrenten Thomas Cook geht es nicht viel besser. Cook liegt bei den Buchungen 12 Prozent unter dem Vorjahr. Chef Stefan Pichler hat ebenfalls die Notleine gezogen. Sein Sparprogramm soll rund 530 Millionen Euro bringen, 2600 Stellen will er im Konzern abbauen.

Der Deutsche Reisebüro- und Reiseveranstalterverband hat seinen Mitgliedern schon vor Wochen geraten, die Steuervorauszahlungen aufzuschieben, Mitarbeiter Überstunden und Urlaub abbauen zu lassen. Wer keine Kunden berät, muss auch keine Überstunden machen. Eine zügige Besserung der Lage ist nicht in Sicht, weiß DRV-Präsident Klaus Laepple: "Die Buchungen ziehen sehr behäbig an und erst Ende Januar werden wir substanzieller sagen könne, was uns ins Haus steht."

Einbrüche nach den Terroranschlägen

Der Terror in den USA hatte laut der Fachzeitschrift "fvw" kaum noch Einfluss auf das touristische Jahr 2000/2001. Die Anschläge trafen die Veranstalter ohnehin in einer buchungsschwachen Zeit, meint Professor Martin Lohmann, wissenschaftlicher Leiter der jährlichen Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen in Kiel. "Dennoch haben die Einbrüche gezeigt, dass die Branche zwar auf hohem Niveau ist, aber gleichzeitig instabil und auf dünnem Eis agiert."

Von einer Krise des Tourismus insgesamt will Wissenschaftler Lohmann dennoch nicht sprechen. "Es ist eine Krise der Tourismusindustrie." Die Menschen werden weiterhin reisen, sogar noch mehr als bisher, auch wenn sie mit steigenden Preisen rechnen müssen. Es gebe in bisherigen Studien keine Hinweise darauf, dass sich daran etwas ändern werde. "Es gab 2000 rund 63 Millionen Urlaubsreisen. Es gibt keine Anzeichen, dass es im nächsten Jahr weniger werden." Auch die flaue Konjunktur werde sich kaum auswirken, weil die Menschen eine Reise von ihren eigenen finanziellen Spielräumen abhängig machten und nicht von den Schlagzeilen über Entlassungen und Rezessionsgefahr.

Deshalb reibt sich schon so mancher Hotelier in Deutschland die Hände. Denn der Urlaub hier zu Lande wird wieder steigen. Die Zahl der Übernachtungen soll 2002 um mindestens ein Prozent zulegen, sagte die Deutsche Zentrale für Tourismus voraus. Allerdings geht ein Großteil dieser Reisen an Reisebüros und Veranstaltern vorbei. Kaum 10 Prozent der Deutschlandurlauber verlassen sich bislang auf einen Veranstalter oder die Hilfe des Reisebüros. Nach den Anschlägen in den USA war die Nachfrage nach Zimmern beinahe zusammengebrochen. In Großstädten und besonders in Flughafennähe hat es im September im Extremfall einen Rückgang um bis zu 50 Prozent gegeben. Es kann also eigentlich nur noch bergauf gehen.