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Dunkle Wolken am Horizont

Daniel Scheschkewitz29. Januar 2003

Die Dramaturgie könnte kaum besser sein - zunächst wird Hans Blix, der Chef der UN-Waffeninspekteure im Irak, seinen Zwischenbericht präsentieren. Nur kurz danach wird Bush in seiner Rede zur Lage der Nation reagieren.

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Nicht nur die Kongressabgeordneten werden dann an Bushs Lippen hängen, ganz Amerika wird zur besten Sendezeit gebannt vor den Bildschirmen sitzen. Denn man braucht nicht viele Phantasie, um sich auszumalen , dass Bush die Nation auf Krieg einstimmen wird.

Krieg mit einem Land , dass den Vereinten Nationen seit 12 Jahren auf der Nase rumtanzt, dass ein weiteres mal mit den Waffeninspektoren Versteck gespielt hat anstatt sie vor aller Welt erkennbar abzurüsten. So sieht es Bush, aber längst nicht alle sind seiner Meinung. In der Irakfrage steht Amerikas Präsident unter Druck wie selten zuvor in seiner Amtszeit.

Handzahm und bellizistisch

Nicht nur, dass ihm die Alliierten in Europa Schwierigkeiten machen und mit einem Veto im Sicherheitsrat drohen. Auch die eigene Bevölkerung hegt Misstrauen. Wo ist der rauchende Colt des Saddam Hussein fragen sich viele Amerikaner und warum geben wir uns so handzahm gegenüber Nordkorea, aber so bellizistisch im Falles des Irak?

Die nächste Woche könnte Bush die entscheidende Wende bringen - das Team seiner engsten politischen Berater zieht ausnahmsweise mal an einem Strang und ist zu einer in der Geschichte seiner Administration wohl einmaligen Medienoffensive angetreten. Bush selbst ist erfahrungsgemäß immer dann gut wenn viel auf dem Spiel steht.

Angekratzter Nimbus

Dass war bei seinen Fernsehdebatten im Präsidentschaftswahlkampf so, bei seinem Besuch am Ground Zero nach dem Angriff aus das World Trade Center in New York und auch bei seiner Rede vor der UNO im letzten September. Nicht nur Saddam, auch Bush weiß, was die Stunde geschlagen hat. Wenn er jetzt den Unentschlossenen gibt, könnte sein präsidialer Nimbus, der ohnehin schon angekratzt ist, bald ganz verloren gehen. Wenn er die Bedenken der Alliierten zu brüsk beiseite drängt, könnte Amerika im weltweiten Kampf gegen den Terror bald ziemlich alleine dastehen.

Das ist eine schwierige Gratwanderung. Vor einem Jahr hatte Bush mit der Achse des Bösen den außenpolitischen Horizont abgesteckt. Jetzt hängen dunkle Gewitterwolken am Himmel – ob sie sich verziehen werden oder aber in einem schweren Unwetter entladen, werden die nächsten Wochen zeigen.