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Zukunftsort Hafen

Marco Gerbig-Fabel1. Oktober 2012

Die industrielle Revolution hat Duisburg geprägt. Kohle und Stahl brachten die Ruhrgebietsstadt einst zu Wohlstand. Heute muss sie Alternativen suchen und setzt dabei auf Bewährtes: ihre Hafenanlagen.

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Duisburger Innenhafen Foto: Marco Gerbig-Fabel (DW)
Bild: Marco Gerbig-Fabel

An den Wänden hängen Pläne und Karten. Sie zeichnen ein Bild der Zukunft. Denn das Büro des Stadtplaners Arne Lorz ist eine Art Zukunftslabor. Für das Stadtentwicklungsdezernat Duisburg plant Lorz, was seine Wahlheimat wirtschaftlich überleben lassen soll. "Duisburg 2027" heißt das Projekt. Bei über zwölf Prozent Arbeitslosigkeit geht es vor allem um mehr und neue Arbeitsplätze. Arne Lorz glaubt dabei an die Potenziale Duisburgs: "Wir leben mit dem Image einer Industriemetropole, dabei war Duisburg schon immer eine Hafenstadt", sagt er. Also setzt Arne Lorz mit seinem Team bei den Häfen an.

Das Image einer Industriemetropole

Duisburgs Aufstieg begann vor rund 200 Jahren. Die schiffbaren Flüsse Rhein und Ruhr machten die Stadt zu einem Zentrum der industriellen Revolution. Binnen weniger Jahrzehnte entstanden mehr als zehn Bergwerke. An den Flussufern wurden sechs Stahlwerke gebaut. Die Einwohnerzahl stieg in 150 Jahren von knapp 4.000 auf über 600.000 Menschen. Aus der Klein- wurde eine Großstadt.

Stadtplaner Arne Lorz Foto: Marco Gerbig-Fabel
Stadtplaner Arne LorzBild: Marco Gerbig-Fabel

Wie die Kohle verschwand

Allein die Duisburger Bergwerke beschäftigten in ihrer Blütezeit rund 70.000 Arbeiter. Mitte der 1950er Jahre begann die Krise. Billige Importkohle und der Aufstieg des Öls bereiteten der deutschen Kohleförderung große Probleme. Die Produktionskosten im deutschen Steinkohlebergbau waren einfach in der Welt nicht mehr konkurrenzfähig. Schließlich entschied die Politik, die staatlichen Subventionen zu kürzen und nach 2005 auslaufen zu lassen. Die Konsequenz: Zwischen 1962 und 1976 mussten sechs der sieben verbliebenen Duisburger Zechen schließen. 2008 wurde auch das letzte Bergwerk stillgelegt. Seit dem Zechensterben schrumpft die Stadt. Heute hat Duisburg gerade noch 480.000 Einwohner.

Das Areal des heute komplett demontierten Krupp-Stahlwerks Foto: Duisport
Das Areal des heute komplett demontierten Krupp-StahlwerksBild: duisport.de

Warum der Stahl blieb

Auch der Stahl geriet Mitte des 20. Jahrhunderts in die Krise. Die Globalisierung forderte ihren Preis. Es gab billige Importe, Subventionen wurden abgebaut. Schließlich vernichteten zu hohe Produktionskosten auch hier zehntausende Arbeitsplätze. In ganz Deutschland bis zu 200 000. In Duisburg blieben drei Stahlwerke und rund 18 000 von ehemals 50 000 Arbeitsplätzen erhalten. Rationalisierungsmaßnahmen und eine hoch spezialisierte Produktion konnten die Zukunft des Stahlstandorts vorerst sichern. Heute gilt die Stadt an Rhein und Ruhr sogar als das Zentrum der europäischen Stahlproduktion.

Zukunft auf alten Industriebrachen

Dennoch blieben die Einschnitte dramatisch. Zwei Stahlwerke mussten komplett geschlossen werden. So auch das 1897 vom deutschen Stahlgiganten Krupp gegründete Werk in Duisburg-Rheinhausen. Die Stahlhütte beschäftige bis zu 16 000 Menschen. Trotz heftiger Proteste der Belegschaft wurde der Betrieb 1993 endgültig geschlossen und die Industrieanlage komplett demontiert. Entgegen aller Erwartungen entwickelte sich die Fläche in der Größe von mehr als 360 Fußballfeldern binnen weniger Jahre zu einem Zukunftsort.

Der Containerterminal des derzeit größten Binnenhafens Europas Foto: Köppen (Duisport)
Der Containerterminal des derzeit größten Binnenhafens EuropasBild: duisport.de

Der größte Binnenhafen Europas entsteht

Ende der 1990er Jahre übernahm der Hafen die Fläche des ehemaligen Krupp-Werkes in Rheinhausen mit dem dazugehörigen Hafen. Hier entstand das logistische Herzstück des heutigen Hafens: Das Duisburg Intermodal Terminal (DIT), die Schnittstelle von Schiff, Bahn und Lkw. Es ist das Verteilzentrum der Großseehäfen Zeebrugge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam. Etwa 20.000 Schiffe laufen dieses Terminal jährlich an. Rund 2,5 Millionen Container werden hier pro Jahr umgeschlagen. Zu den Hauptgütern zählen Kohle und Stahl, daneben Mineralöle und Chemie. Mehr als 17.000 Arbeitsplätze sollen schon jetzt direkt und indirekt vom Hafen abhängen, versichern die Hafenbetreiber.

Das Aushängeschild der Stadt

Ein anderer Zukunftsort Duisburgs ist der Innenhafen, unweit des Rathauses. Seit 1994 ist hier ein neuer Stadtteil entstanden. Entworfen hat ihn der britische Stararchitekt Lord Norman Foster. Marode Industriestruktur wurde teils abgerissen teils saniert, moderne Wohn- und Bürobauten mit glitzernden Glasfassaden entstanden. Das neue Umfeld war attraktiv. Zahlreiche namhafte Firmen haben sich neu angesiedelt. Mehr als 5.000 Arbeitsplätze wurden neu geschaffen. Heute gilt der Innenhafen als das Aushängeschild der Stadt.

Der Innenhafen, geplant von Stararchitekt Norman Foster Foto: Marco Gerbig-Fabel (DW)
Geplant von Stararchitekt Norman Foster: der InnenhafenBild: Marco Gerbig-Fabel

Wo die Zukunft wohnt

Diese Einschätzung teilt auch der Fotograf Friedhelm Krischer. Schon seit 1994 wohnt der gebürtige Duisburger im Innenhafen. Die Veränderungen vor Ort hat er von Anfang an mit der Kamera begleitet. Tausende von Fotos hat Krischer inzwischen gemacht. Weit über die Grenzen der Stadt werden sie nachgefragt: von Fachpublikationen, aber auch von Firmen und Privatpersonen. "Früher hatte ich immer das Gefühl, mich dafür rechtfertigen zu müssen, dass ich aus Duisburg komme. Jetzt hat sich das geändert. Der Innenhafen hat mir eine neue Identität gegeben", sagt er.

Der Fotograf Friedhelm Krischer Foto: Marco Gerbig-Fabel (DW)
Fotograf Friedhelm KrischerBild: Marco Gerbig-Fabel