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Duft komm raus!

30. Juli 2009

Bonner Forscher haben die Parfümflasche der Hatschepsut aufgebohrt. Sie fanden tatsächlich kristallartige Masse im Flakon der ägyptischen Pharaonin. Bald gibt es also "Eau de Hatschepsut" im Laden zu kaufen. Vielleicht.

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Parfümflakon der Pharaonin Hatschepsut. (Foto: Ricarda Otte)
Hier steckt's drinBild: DW / Otte

Zehn Jahre lagerte das Prunkstück im Fundus des Ägyptischen Museums in Bonn. Und nur Michael Müller-Höveler war immer überzeugt "das ist ein Original verschlossener Flakon, da ist noch was drin". Aber auf den Studenten hörte niemand. "Die dachten alle, der Verschluss ist einfach nur ein Lehmrest, der eben die Öffnung zugeschmiert hat." Ägyptologe Höveler-Müller schlug zu, als er Anfang des Jahres Kurator im Museum wurde. Der Lehmpfropfen entpuppte sich als Original-Verschluss und Höveler-Müller hielt plötzlich den ältesten, verschlossenen Parfümflakon in der Hand, der der Welt bis jetzt bekannt ist.

Parfüm-Flakon der ägyptischen Pharaonin Hatschepsut im Computer-Thomografen (Foto: Universität Bonn)
Einmal CT bitte!Bild: Ägyptische Museum in Bonn

Er steckte ihn in die Röhre des Computerthomografen und danach wusste Helmut Wiedenfeld, dass er loslegen konnte. Nachdem er die dunklen Schattierungen auf dem CT-Bild vom Inneren des Flakons gesehen hatte, begann er die Operation vorzubereiten. Er arbeitet seit 25 Jahren am Pharmazeutischen Institut der Uni Bonn und hat sich auf die Analyse von pflanzlichen Extrakten spezialisiert.

Bröckchen der Hoffnung

Das war im März. Vier Monate später bohrte er zusammen mit dem Chef der HNO-Klinik ein feines Loch in den Verschluss und entnahm vier Proben. „Ich dachte nicht, dass wir was finden. Aber jetzt sehe ich den Dingen etwas hoffnungsvoller entgegen“, formuliert er das Ergebnis vorsichtig. Höveler-Müller ist optimistischer: „seit gestern sind auch die letzten Skeptiker verstummt“. Denn sein Kollege Wiedenfeld hat etwas aus dem Gefäß geholt, das bröckelig ist und eine kristallartige Struktur hat.

Michael Höveler-Müller neben der Büste der Hatschepsut mit dem Parfümflakon in der Hand. (Foto: Universität Bonn)
Michael Höveler-Müller hat immer an den Inhalt des kleinen Flakons geglaubtBild: Universität Bonn

Aber erst in einer Woche wissen die beiden, ob es eine organische Substanz ist, die sie da gefunden haben. Wenn nicht, werden beide enttäuscht und die Flasche wieder zu sein. Wenn ja, dann kann die Detektivarbeit von Helmut Wiedenfeld beginnen und ein bis zwei Jahre dauern. „Wäre die Masse frisch, wüsste ich nach drei Monaten, aus welchen Pflanzenextrakten sie besteht. Aber jedes Extrakt kann aus bis zu 50 Einzelkomponenten bestehen und bei dem, was ich hier habe, haben sich die ursprünglichen chemischen Zusammensetzungen nach 3500 Jahren natürlich verändert. Es sind Folgeprodukte entstanden, die ursprünglichen Produkte sind da gar nicht mehr drin. Ich muss also von der aktuellen chemischen Substanz rausfinden, wie sah die chemische Struktur ursprünglich aus?“

Muster der Zersetzung

Immerhin gäbe es Anhaltspunkte. Beide Forscher vermuten, dass unter anderem Weihrauch und Myrrhe in dem Parfüm der Hatschepsut waren. Die Pflanzen waren um 1500 vor Christus Gold wert und in einem Pharaonen-Parfüm werden vor allem Extrakte gewesen sein, die für das normale Volk nicht zugänglich waren. Sollten die Proben organisch sein, würde Wiedenfeld erstmal einen Mitarbeiter in die Bibliothek schicken um herauszufinden, welche Pflanzen es zu Zeiten von Hatschepsut überhaupt gab.

Parfum-Flakon, 3500 Jahre alt, von der Pharaonin Hatschepsut, Leihgabe im Ägyptischen Museum Bonn, aufgenommen am 13.3.2009 von Ricarda Otte (DW).
Das gute Stück in der Dauerausstellung im Ägyptischen Museum BonnBild: Ägyptisches Museum der Universität Bonn

Mit verschiedenen Analysemethoden wie der Hochdruck-Flüssig-Chromatografie, der Gas-Chromatografie und Kapillarelektroforese, kombiniert mit Massenspektroskopie und Kernspinanalytik will er den Substanzen dann zu Leibe rücken. Auch von Parfümeuren hat er sich schon Hilfe geholt. Sie haben ihm Zersetzungsmuster von bestimmten Essenzen zur Verfügung gestellt. „Gerade über Düfte gibt es unheimlich viele Daten. Das ist in der Literatur verfügbar, die haben Parfümeure gesammelt.“

Öl hinterm Ohrläppchen

Sollte Wiedenfeld dann die Zusammensetzungsmuster der Pflanzen finden, die in Hatschepsuts Parfüm waren, dann könnte man es theoretisch wieder aufleben lassen. „Aber ich gehe davon aus, dass eine Geruchskomposition von damals nicht unbedingt auf sehr großes Interesse in der heutigen Damenwelt stößt“, sagte der Pharmazeut. Der Duft sei wahrscheinlich sehr scharf und von der Konsistenz ölig gewesen, damit sich das Duftmittel lange hält. „Aber ob das heute so schön ist wenn sich eine Frau ein öliges Parfüm ins Gesicht tut?“ Naja, als Badezusatz würde es vielleicht gehen: im Bad mit Hatschepsut.

Autorin: Marlis Schaum

Redaktion: Oliver Samson